Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht eines selbstständig Tätigen. Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB 6
Leitsatz (amtlich)
1. Von einer selbständigen Tätigkeit auf Dauer iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI ist auszugehen, wenn diese für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr ausgeübt wurde.
2. Eine selbständige Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI liegt vor, wenn der Selbständige rechtlich (vertraglich) im Wesentlichen an einen Auftraggeber gebunden ist oder tatsächlich (wirtschaftlich) im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig ist. Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang für weitere Auftraggeber stehen der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht entgegen.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz 1 vgl LSG Halle vom 16.2.2012 - L 1 R 213/08 = juris RdNr 22, LSG München vom 17.12.2015 - L 14 R 579/14 = juris RdNr 53 sowie vom 13.7.2005 - L 1 R 4208/04 = juris RdNr 28.
2. Zum Leitsatz 2 vgl LSG München vom 13.7.2005 - L 1 R 4208/04 = juris RdNr 29.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Oktober 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. März 2012 als selbständig Tätiger in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtig war und für diesen Zeitraum entsprechende Beiträge schuldet.
Der 1950 geborene Kläger betrieb ab 1. Juli 2011 ein angemeldetes Gewerbe „Industriebedarf und -service“. Zum 1. September 2011 erweiterte der Kläger sein Gewerbe um die Tätigkeiten „...-Projektberatung, Wartung und Anlagenbau“. Seit dem 1. November 2015 bezieht er eine Regelaltersrente.
Nachdem der Kläger im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit zunächst einzelne Projekte ausgeführt hatte, schloss er am 13. November 2011 mit der Firma A. L. GmbH einen Rahmenvertrag über Nacharbeiten an Tanks auf dem Gelände der D. AG W.. Grundlage war das „Lastenheft D.“ vom 8. Juli 2011 betreffend Anforderungen an Industriedienstleister zur Nacharbeit von Aluminiumtanks. Er führte ab 23. September 2011 Tanknacharbeiten für die A. L. GmbH auf dem Firmengelände der D. AG W. aus. Dabei stellte die D. AG auf ihrem Firmengelände in W. auf separat gekennzeichneten Flächen beschädigte Tanks bereit. Der Kläger übernahm diese Tanks von dieser Fläche und verbrachte diese in einen separaten Arbeitsraum. Dort entfernte er Kratzer und brachte die nachbearbeiteten Tanks auf die Bereitstellungsfläche zurück. Diese Arbeiten führte der Kläger aufgrund von Fehlerkarten der D. AG durch, die die Art der jeweiligen Beschädigung und dessen Ort dokumentieren.
Der Kläger rechnete für seine Leistungen gegenüber der A. L. GmbH im November 2011 einen Betrag in Höhe von insgesamt 19.656,18 € (Rechnungen vom 2. November, 20. November und 30. November 2011) sowie für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 30. April 2012 in Höhe von 21.440,00 € (Rechnungen vom 23. Februar, 4. März, 4. April und 16. April 2012) ab. Im Jahr 2012 erzielte der Kläger Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit in Höhe von 107.906,59 €, wobei Einnahmen im September, Oktober, November und Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 5.355,00 € auf andere Anbieter entfielen. In der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2013 erzielte der Kläger mit seiner selbständigen Tätigkeit Einnahmen in Höhe von 58.652,68 €, wobei 37.763,69 € auf die A. L. GmbH und die übrigen Einnahmen im Wesentlichen auf einen anderen Auftraggeber entfielen.
In der Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 führte der Kläger die Nacharbeiten an Aluminiumtanks direkt im Auftrag der D. AG im Werk W. aus. Am 29. Dezember 2013 schloss der Kläger des Weiteren hinsichtlich von Nacharbeiten an Aluminiumtanks der D. AG erneut einen Rahmenvertrag mit der Firma A. GmbH.
Da der Kläger das Arbeitsvolumen seiner Tätigkeit für die A. L. GmbH nicht mehr allein zu bewältigen vermochte, schloss er für die Zeit vom 19. März 2012 bis zum 30. Juni 2012 mit der G. GmbH S. eine Vereinbarung zur Entleihung einer Arbeitskraft im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung zum Einsatz als Mitarbeiter in der Tanknacharbeit zu einem Stundensatz in Höhe von 20,40 € ab. Der Kläger beschäftigte jeweils im Rahmen einer geringfügigen, versicherungsfreien Beschäftigung ab 2. April 2012 seine Ehefrau (neun Wochenstunden, Monatsvergütung 390,00 €) und ab 1. Juni 2013 seinen Sohn (neun Wochenstunden, Monatsvergütung 450,00 €).
Am 31. März 2015 beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hinsichtlich seiner Tätigkeit bei der D. AG in der Nacharbeit von Aluminiumtanks ab 1. Oktober 2013 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Nachde...