nicht rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff der "zuständigen Behörde" iS des § 44 Abs 3 SGB 10.

 

Orientierungssatz

Maßgeblich für die Korrektur eines Verwaltungsakts nach Eintritt der Unanfechtbarkeit ist diejenige Behörde, die nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Recht örtlich und sachlich zuständig ist. Hat die BfA die Gewährung von Rente bindend abgelehnt, danach aber die LVA ab einem späteren Zeitpunkt bewilligt und beantragt der Kläger im Wege der Rücknahme die Gewährung von Rente ab einem früheren Zeitpunkt - für den die BfA bindend abgelehnt hatte, so bleibt für die Entscheidung über die Rücknahme die LVA zuständig, welche die Rente bewilligt hat.

2. § 126 Abs 1 S 3 SGB 6 , wonach derjenige Rentenversicherungsträger zuständig bleibt, der zu Beginn eines Leistungsverfahrens zuständig gewesen ist, steht dem nicht entgegen, denn als Leistungsverfahren ist dasjenige Verfahren anzusehen, in dem die Leistung erstmalig bewilligt worden ist (vgl BSG vom 22.3.1984 - 11 RA 22/83 = SozR 1300 § 45 Nr 7 und BSG vom 17.7.1985 - 1 RA 35/84 = SozR 1500 § 77 Nr 61).

 

Verfahrensgang

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 16.09.1998; Aktenzeichen S 8 RJ 2704/95)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 1998 sowie der Bescheid vom 4. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 1995 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheides der Beigeladenen vom 12. April 1989 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 1. Januar 1990 bis 28. Februar 1993 zu gewähren.

Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger, der von der Beklagten (LVA) seit 1. März 1993 Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, im Zugunstenwege ein Rentenanspruch bereits ab 1. Januar 1990 zusteht.

Der Kläger ist am 1945 geboren. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er von 1960 bis 1963 bei der C. M. GmbH in K. eine Lehre als Werkzeugmacher und war nach deren erfolgreichem Abschluss bis 1964 dort tätig. Danach arbeitete er - unterbrochen durch die Wehrdienstzeit - bis 1969 als Werkzeugmacher bei der F. KG, K., und als Automatenmonteur bei der Fa. E. K. Vom 15. September 1969 bis 15. Februar 1970 war er als Versicherungsvertreter beschäftigt. Die Fachschule für Maschinentechnik, die er von 1970 bis 1972 besuchte, schloss er als staatlich geprüfter Maschinenbautechniker mit der Gesamtnote “befriedigend„ ab. Danach arbeitete er als Maschinenbautechniker bei der Fa. Sch. & Co. in K. und vom 1. April 1973 bis 31. Januar 1979 bei der Fa. H. in S. Berufsbegleitend absolvierte er von 1976 bis 1979 ein 6-semestriges Betriebswirtschaftsstudium an der Volks- und Betriebswirtschaftsakademie in Stuttgart, das er ebenfalls mit der Gesamtnote “befriedigend„ abschloss. Ab 1. Juli 1979 war er als Technischer Angestellter in der Kalkulation bei der Fa. T. R. beschäftigt; dieses Arbeitsverhältnis wurde mit Ablauf der Probezeit am 31. Oktober 1979 durch den Arbeitgeber beendet. Nach einer anschließenden Zeit der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit nahm der Kläger am 28. Juli 1980 eine Beschäftigung als Materialdisponent bei der Fa. R., Kessel- und Apparatebau, auf, die - nach Angaben des Klägers wegen Leistungsabbaus - zum 30. Juni 1981 vom Arbeitgeber gekündigt wurde. Vom 1. Juli 1981 bis 19. März 1991 übte der Kläger keine versicherungspflichtige Beschäftigung aus. Vom 20. März und 15. April 1991 sind Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter geleistet, für Juli bis September 1993 drei Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten, 1997 drei und 1998 zwei Pflichtbeiträge wieder zur Rentenversicherung der Arbeiter sowie 1998 erneut ein Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten. Danach war der Kläger nur noch geringfügig versicherungsfrei beschäftigt (Versicherungsverlauf vom 17. Januar 2002).

Der Kläger befand sich seit 15. Juli 1980 in Behandlung des Praktischen Arztes Dr. P., der ihn wegen einer depressiven Erkrankung in das PLK W. überwies; dort wurde er seit 17. September 1980 ambulant, zeitweise auch stationär, psychosomatisch behandelt, wobei die Behandlungshäufigkeit ab 1982 zunahm.

Am 14. Mai 1982 stellte der Kläger bei der damals für ihn zuständigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Antrag auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente. Nach Einholung eines Gutachtens bei Dr. K./Neuropsychiatrische Klinik M. (Diagnose: chronifiziert verlaufende endoreaktive depressive Verstimmung; Leistungsbeurteilung: vollschichtiges Leistungsvermögen für einfache psychisch und körperlich nicht belastende Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) führte die BfA auf dessen Empfehlung für den Kläger vom 16. Dezember 1982 bis 27. Januar 1983 eine Rehabilitationsmaßnahme in der T.klinik, B. Sch. durch. Nach dem Entlassungsbericht vom 8. Februar 1983 hielt Dr. St. den an einer Konversionsneurose mit depressiv-zwanghaft strukturiertem Charakter leidende...

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