Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit. Arbeitsaufgabe. Aufhebungsvertrag. wichtiger Grund. drohende rechtmäßige betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung. Überschreitung der Abfindungshöhe des § 1a KSchG. kein Verzicht auf Rechtmäßigkeitsprüfung. Sozialplan. Besondere Härte
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Frage, ob ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorliegt, ist auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung nicht zu verzichten, wenn der Abfindung statt der in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehenen Höhe von 0,5 Monatsverdiensten je Beschäftigungsjahr ein Faktor von 1,2 zugrunde liegt (Fortführung von BSG vom 8.7.2009 - B 11 AL 17/08 R = BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20; BSG vom 12.7.2006 - B 11a AL 47/05 R = BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13).
2. Der Arbeitnehmer kann sich auch nicht auf einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nach der oben genannten Rechtsprechung berufen, wenn ihm nicht hinreichend sicher eine nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung droht (vgl BSGE 104, 57, aaO).
Normenkette
SGB III § 144 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1, 2 Nr. 2; KSchG § 1 Abs. 2-3, § 1a Abs. 2
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind der Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für die Zeit vom 1. April bis zum 23. Juni 2010 und ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Zeit streitig.
Der 1972 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. März 2010 bei der Firma W. Services GmbH beschäftigt. Im Jahr 2009 kam es bei dieser Firma zu einer Umstrukturierung, die wegen der Verlagerung von Arbeitsplätzen nach F./O. mit einem Personalabbau verbunden war. Die Arbeitgeberin schloss mit dem Betriebsrat am 21. September 2009 u.a. einen Interessenausgleich, der zum Ziel hatte, Kündigungen und andere das Arbeitsverhältnis beendende Maßnahmen durch alle vorrangig möglichen Maßnahmen zu vermeiden. In der Betriebsvereinbarung ist festgehalten, dass von der Betriebsänderung ca. 370 Arbeitnehmer betroffen sind, davon bis zu 135 durch Beendigung der Arbeitsverhältnisse (§ 3 Nr. 2). Die Anzahl der durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses betroffenen Arbeitnehmer sollte sich auf 35 Arbeitnehmer verringern, sofern mindestens 85% der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer insgesamt, sowie jeweils 85% der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer in den einzelnen Projekten bis zum 12. Oktober 2009 ihre schriftliche, vorbehaltlose und unwiderrufliche Zustimmung zu den im Rahmen der Einigungsstelle vom 21. September 2009 vereinbarten Prämienregelung erteilt haben. Arbeitnehmer, die nach Inkrafttreten des Interessenausgleichs bis zum gleichen Zeitpunkt einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber geschlossen oder diesem ein entsprechendes Angebot unterbreitet haben oder aus sonstigen Gründen aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden, wurden als zustimmende Arbeitnehmer im vorgenannten Sinn gewertet (§ 3 Nr. 3). Mitarbeitern, die von der Betriebsänderung betroffen waren, wurde zur Vermeidung einer Kündigung die Möglichkeit gewährt, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 4 des Sozialplanes und gemäß § 2 Betriebsvereinbarung “Turboprämie„ zu beenden. § 4 des Sozialplanes sah eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe des Bruttomonatsgehalts multipliziert mit den Beschäftigungsjahren sowie dem Faktor 1,2 vor. Nach der Betriebsvereinbarung “Turboprämie„ erhielten die Arbeitnehmer, die die Beendigungsoption gewählt haben, eine zusätzliche Abfindung in Höhe von 3.000,00 €.
Am 12. Oktober 2009 bot der Kläger der W. Services GmbH an, seinen Arbeitsvertrag im Rahmen der im Interessenausgleich/Sozialplan vom 21. September 2009 geregelten Bedingungen unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfrist aufzuheben. Am 14. Oktober 2009 schloss der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, mit dem zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. März 2010 beendet wurde. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielt der Kläger gemäß den Regelungen des Sozialplans vom 21. September 2009 eine Sozialabfindung in Höhe von brutto 40.335,68 €.
Am 15. Oktober 2009 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsuchend. Am 15. Februar 2010 meldete er sich zum 1. April 2010 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 24. März 2010 den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. April bis zum 23. Juni 2010, das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für diese Zeit und eine Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 90 Tage fest. Sie bewilligte dem Kläger ab 24. Juni 2010 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 29,60 €.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Firma W. Services...