Entscheidungsstichwort (Thema)
Stationäre Rehabilitationsleistung. Aufenthalt am Toten Meer. Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Subsidiarität
Leitsatz (amtlich)
1. Stationäre Rehabilitationsleistungen iS der §§ 9, 10 SGB 6 sind in der Regel nicht subsidiär gegenüber einer ambulanten Therapie vor Ort.
2. Dringend erforderlich ist aber eine vorzeitige Rehabilitationsleistung iSv § 12 Abs 2 S 1 SGB 6 nur dann, wenn eine weitere Minderung der Leistungsfähigkeit droht und ambulante Maßnahmen nicht ausreichen.
Normenkette
SGB IX § 15 Abs. 1 S. 4; SGB VI § 9 Abs. 1-2, § 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2a, § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 2 S. 1
Tenor
Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für einen Aufenthalt am Toten Meer als Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Höhe von 2.678,98 €.
Die 1975 geborene Klägerin ist als Eventmanagerin versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert. Sie leidet seit ihrem 13. Lebensjahr an chronischer Psoriasisarthritis, die regelmäßig durch Aufenthalte am Toten Meer behandelt wurde, zuletzt im August 2007; die Kosten hierfür wurden nachträglich durch die gesetzliche Krankenkasse erstattet.
Am 19. Mai 2010 wurde durch den Hausarzt der Klägerin Dr. Bä. eine Leistung zur Rehabilitation eingeleitet mit der Begründung, eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme erscheine aussichtsreich. Eine Einschränkung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft drohe oder sei bereits gegeben. Durch die Krankenkasse wurde der Antrag am 25. Mai 2010 an den Vertragsarzt zurückgegeben, da ein anderer Versicherungsträger zuständig sei.
Die Klägerin stellte dann am 17. Juni 2010 bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung von Dr. Bä. einen Antrag auf stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Sie gab an, beim Tippen am PC Schmerzen in den Fingergelenken zu haben. Außerdem habe sie bei längerem Sitzen Rückenschmerzen, sodass sie am Arbeitsplatz ständig zwischen Sitzen und Stehen wechseln müsse. Ferner leide sie an Asthma und Sinusitis, beides derzeit durch Allergien verstärkt. Dr. Bä. gab in seinem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag an, die Klägerin leide unter Psoriasisarthritis; es bestehe eine eingeschränkte Beweglichkeit der Finger, Rückenschmerzen, Knieschmerzen, Kraftlosigkeit in den Knien und Schmerzen beim Treppensteigen und Gehen. Die Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer solle zur Erhaltung der Arbeitskraft stattfinden. Weiter legte die Klägerin ein Gutachten von PD Dr. Hei. und Dr. Las. vom 12. September 2008 vor, welches dem Sozialgericht Mannheim (SG) im Rahmen eines Klageverfahrens (Az. S 11 KR 3276/07) der Klägerin gegen ihre Krankenkasse erstattet worden war. Die Gutachter führen hierin insbesondere aus, aufgrund der klimatischen Bedingungen am Toten Meer sei der Therapieerfolg dort besonders hoch. Bei der Klägerin sei der Einsatz von Immunsuppressiva nicht unproblematisch. Ferner reichte die Klägerin Berichte von Dr. Is. vom 2. November 2006 und Dr. Bö. vom 12. Juli 1994 ein.
Die Beklagte holte eine von Frau Ju. erstellte beratungsärztliche Stellungnahme vom 6. Juli 2010 ein. Diese vertrat die Auffassung, dass eine ambulante Therapie ausreichend sei.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2010 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin seien nicht so erheblich, dass eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erforderlich sei. Eine ambulante fachärztliche Behandlung sei ausreichend. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht gemindert oder gefährdet; Rehabilitationsbedürftigkeit bestehe daher nicht.
Den hiergegen am 27. Juli 2010 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie seit dem 13. Lebensjahr an Psoriasisarthritis leide und bis 2007 insgesamt elf Mal zur Behandlung am Toten Meer in Israel gewesen sei. Diese Maßnahmen seien von ihrer Krankenkasse jeweils übernommen worden. Die stationäre Behandlung am Toten Meer im Sommer 2007 sei so erfolgreich gewesen, dass sie in den darauf folgenden drei Jahren keine ambulante fachärztliche Behandlung und keine medikamentöse Therapie benötigt habe. Durch eine kontinuierlich am Wohnort durchgeführte orthopädische Therapie und privates Funktionstraining habe sie den Behandlungserfolg festigen können, so dass sie für einen sehr langen Zeitraum schmerzfrei gewesen sei. In den Monaten vor der Antragstellung habe sich ihr Zustand jedoch wieder verschlimmert. Aufgrund ihres Asthmas werde die Behandlung ihrer Psoriasisarthritis in Deutschland erschwert. Der Einsatz von Immunsupressiva sei nicht unproblematisch, da die Familienplanung noch nicht abgeschlossen sei. Insoweit berief sich die Klägerin insbesondere auf das Gutachten von Dr. Las. Eine Behandlung ihrer Erkrankung sei immer dann notwendig, wenn entzündliche Schübe aufträten. Bleib...