Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Zulässigkeit der Nutzung von Ermittlungsergebnissen des Hauptzollamtes. kein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG, wenn der als Subunternehmer deklarierte sich nach den konkreten Umständen tatsächlich als beschäftigt erweist
Leitsatz (amtlich)
Der Rentenversicherungsträger kann sich im Rahmen der Prüfung beim Arbeitgeber nach § 28p SGB IV allein auf die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermittlungsergebnisse der Zollverwaltung stützen. Das Unterlassen einer eigenen Betriebsprüfung beim Arbeitgeber führt als solches nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides (Abgrenzung zu LSG München, Beschluss vom 21.10.2013 - L 5 R 605/13 B ER, in juris; wie hier LSG Chemnitz, Urteil vom 22.04.2016 - L 1 KR 228/11, in juris).
Orientierungssatz
Es steht dem jeweiligen Unternehmen frei, ob es Personalbedarf im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit durch die Einstellung von Mitarbeitern, durch die Inanspruchnahme der Dienste von Zeitarbeitsfirmen oder durch den Einsatz von Subunternehmern deckt. Allerdings hat sich der Unternehmer dann - bei seiner Berufsausübung, die gemäß Art 12 Abs 1 S 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden kann, wozu auch die Regelungen über das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gehören - an die entsprechenden rechtlichen - gesetzlichen - Vorgaben für die Qualifizierung dieser Art von Personaldeckung zu halten. Es stellt daher keinen Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG dar, wenn der als Subunternehmer deklarierte sich nach den konkreten Umständen tatsächlich als beschäftigt erweist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.01.2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Streitig ist die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis 30.06.2014 in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin.
Die Klägerin betrieb ab dem Jahre 2006 die Abdichtung von Fugen an Betonfertigteilen, Fenstern, Türen, Glas, an Neu- und Altbauten in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Im Januar 2017 wurde die Gesellschaft aufgelöst und einer der beiden früheren Geschäftsführer zum Liquidator bestellt.
Der 1976 geborene Beigeladene zu 1 ist r. Staatsangehöriger und von Beruf Fliesenleger. Als er nach Deutschland kam, sah er wegen seines ausländerrechtlichen Status nur die Möglichkeit der selbständigen Tätigkeit und meldete deshalb im Oktober 2010 ein Gewerbe für Fliesenlege- und Bodenlegearbeiten an. Er schloss eine Berufshaftpflicht- und eine Unfallversicherung ab und er war weiterhin bei der staatlichen Versicherung Rumäniens (vgl. Bl.17 VA) versichert. Im streitigen Zeitraum verfügte er weder über ein Büro noch über sonstige gewerbliche Räumlichkeiten. Werbung betrieb er nicht. An Werkzeugen hatte er eine Fliesenschneidemaschine, eine Flex, eine Bohrmaschine, Verlängerungskabel und Lampe sowie Spachtel- und Fugenmaterial. Durch seinen früheren Freund und Angestellten der Klägerin, S. L. (L), kam er in Kontakt mit der Klägerin. Es erfolgte eine einmonatige Probezeit, nach der der Beigeladene zu 1 dann von Januar 2013 bis Juni 2014 auf den Baustellen der Klägerin vorwiegend zum Fliesen verlegen und Verfugen zu einem von der Klägerin angebotenen Stundenlohn von 15,00 € eingesetzt wurde. Ein Urlaubsanspruch oder eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit war nicht vereinbart. Weitere Auftraggeber hatte er in diesem Zeitraum nicht. Morgens kam der Beigeladene zu 1 ins Büro der Klägerin, erhielt seinen Plan, wo er arbeiten solle und führte dies aus. Teilweise fuhr er mit dem Firmenbus der Klägerin zu den Baustellen, teilweise mit seinem Pkw. Er trug eigene Arbeitskleidung. Meistens arbeitete er mit L zusammen. L gab auch vor, wie viele Stunden der Beigeladene zu 1 zu arbeiten hatte und was fertiggestellt werden musste. Der Beigeladene führte die Gleichen Arbeiten durch, wie die Arbeitnehmer der Klägerin, und er arbeitete, ebenso wie die Arbeitnehmer der Klägerin, in der Regel von ca. 6 Uhr bis 16 Uhr. Die Fliesen lieferte üblicherweise die Klägerin auf die Baustelle. Sofern doch Ware zu transportieren war (z.B. bestimmte größere Werkzeuge oder Fliesen), fuhr der Beigeladene zu 1 mit Fahrzeugen der Klägerin, mit seinem Pkw führte er solche Transporte nicht durch. Grundlage der Arbeiten war der entsprechende Bauplan sowie Anweisungen durch L bzw. den Geschäftsführer der Klägerin, der die Arbeiten kontrollierte und entschied, ob Nachbesserungen durchgeführt werden mussten. Wenn er seine Arbeit beendete, musste er L informierten. Sofern der Beigeladene zu 1 - z.B. wegen eines Zahnarztbesuches - verhindert war, teilte er dies der Klägerin mit. Soweit andere Arbeiten als Fliesenlegearbeiten anfielen, führte der Kläger auch diese aus. Die Vergütung wurde anhand von Rechnungen, die den Briefk...