Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsstreitigkeit. gesetzlicher Rentenversicherungsträger. gesetzlicher Unfallversicherungsträger. Erstattungsanspruch. Rechtsgrundlage. Kenntniserlangung. Mitteilung. Geltendmachung. Nachzahlung. Auszahlungsanspruch des Versicherten. Auszahlung mit befreiender Wirkung. Ausschlussfrist gem § 111 SGB 10
Orientierungssatz
1. Der auf das Kumulierungsverbot des § 93 Abs 1 SGB 6 zurückgehende Erstattungsanspruch des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hat seine Rechtsgrundlage nicht in § 104 SGB 10.
2. Für die "Kenntniserlangung" des Unfallversicherungsträgers von der Leistung des Rentenversicherungsträgers nach § 103 Abs 1 SGB 10 reicht es aus, dass der Rentenversicherungsträger dem Unfallversicherungsträger mitteilt, dass ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Nachzahlung des Unfallversicherungsträgers geltend gemacht werde. Es ist insoweit nicht notwendig, dass der Rentenversicherungsträger dem Unfallversicherungsträger bereits die konkrete Höhe des Erstattungsanspruchs mitteilt.
3. § 87 Abs 2 S 1 SGB 10 kann weder direkt noch analog auf die Erstattungsansprüche nach § 102ff SGB 10 angewandt werden.
4. Frühester Beginn der Ausschlussfrist gem § 111 SGB 10 idF vom 21.12.2000 ist nicht mehr der Zeitpunkt der Entstehung des Erstattungsanspruches, sondern der Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Entscheidung des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers durch den erstattungsberechtigten Leistungsträger. Dies gilt jedoch nicht für Erstattungsansprüche, für die die Ausschlussfrist bereits bis zum 31.12.2000, also noch während der Geltungsdauer des § 111 S 2 SGB 10 alter Fassung abgelaufen war. Auf Erstattungsansprüche für diese Zeiträume ist weiterhin § 111 S 2 SGB 10 alter Fassung (4.11.1982) anzuwenden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2007 aufgehoben, soweit die Beklagte in diesem verurteilt wird, an die Klägerin einen Betrag von mehr als 20.095,77 € zu zahlen; im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 3/5; die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 2/5. Die Beigeladene hat keine Kosten zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begehrt von der Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Erstattung einer Forderung in Höhe von 50.000,00 € für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis 31. Oktober 2002.
Die Klägerin gewährte der hinterbliebenen Ehefrau (im folgenden Beigeladene) ihres 1933 geborenen und 1996 verstorbenen Versicherten H F Witwenrente ab 1. Juni 1996.
Die Beklagte gewährte der Beigeladenen mit Bescheid vom 23. Juli 2002, nachdem sie diesen Anspruch zunächst mit Bescheid vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 abgelehnt hatte, eine Hinterbliebenenrente ab 2. Mai 1996 und errechnete einen Nachzahlungsbetrag (inklusive Sterbegeld) in Höhe von 67.327,57 €, wovon sie einen Betrag in Höhe von 50.000,00 € vorerst für mögliche Erstattungsansprüche anderer Leistungsträger einbehielt.
Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Mehrausfertigung des Bescheides vom selben Tag und forderte sie auf, unverzüglich mitzuteilen, ob und in welcher Höhe sie einen Erstattungsanspruch nach § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend mache. Weiter führte die Beklagte aus, sollte durch die Klägerin kein bezifferter Erstattungsanspruch bekannt gegeben werde, werde der einbehaltene Betrag in entsprechender Anwendung von § 87 Abs. 2 SGB X mit befreiender Wirkung an die Berechtigte ausgezahlt. Mit Schreiben vom 11. September 2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, es bestehe ein Erstattungsanspruch. Dieser werde in etwa 3 Wochen bekannt gegeben. Nachdem die Beklagte am 3. Dezember 2002 telefonisch bei der Klägerin nachgefragt hatte, wann die Bekanntgabe des Erstattungsanspruches erfolgen werde und die Auskunft erhalten hatte, dass dies jedenfalls nicht innerhalb der nächsten 14 Tage sein werde, zahlte sie den einbehaltenen Nachzahlungsbetrag an die Beigeladene aus, teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom selben Tag mit und empfahl der Klägerin sich hinsichtlich eines Erstattungsanspruches an die Beigeladene zu wenden. Mit Schreiben vom selben Tag übersandte die Beklagte der Beigeladenen eine Durchschrift des Schreibens an die Klägerin, wies die Beigeladene darauf hin, dass die Klägerin einen Erstattungsanspruch geltend gemacht habe und empfahl der Beigeladenen, in nächster Zeit nicht über den Rentennachzahlungsbetrag zu verfügen.
Mit Schreiben vom 4. März 2003 (bei der Beklagten eingegangen am 7. März 2003) machte die Klägerin einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X i. V. m. § 93 des Sechsten B...