Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Erbringung von Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhalts bis zum Einsetzen des Altersrentenbezuges seitens des Arbeitgebers. vertraglich vorgesehene Anrechnung eines etwaigen anderweitigen Verdienstes. Beitragspflicht von Vorruhestandsgeldleistungen
Leitsatz (amtlich)
Erbringt der bisherige Arbeitgeber einem aus seinem Dienst ausscheidenden Beschäftigten Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhalts bis zum Einsetzen des Altersrentenbezuges, dann begründet die vorgesehene Anrechnung eines etwaigen anderweitigen Verdienstes die Erwartung eines endgültigen Abschieds des betroffenen Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben und damit die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für Vorruhestandsgeldleistungen nach § 3 S 1 Nr 4 SGB VI.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. November 2021 geändert.
Die Festsetzung von Beiträgen nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie von Umlagen im Bescheid der Beklagten vom 18. April 2016 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 25. November 2016 und vom 24. Oktober 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2017 anknüpfend an die von Seiten der Klägerin an den Beigeladenen zu 1. für den Zeitraum April 2011 bis Dezember 2012 erbrachten Zahlungen wird aufgehoben.
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2016 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 25. November 2016 und vom 24. Oktober 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2017 wird abgewiesen, soweit mit diesem Bescheid Beiträge zur Rentenversicherung anknüpfend an die von Seiten der Klägerin an den Beigeladenen zu 1. für den Zeitraum April 2011 bis Dezember 2012 erbrachten Zahlungen festgesetzt worden sind.
Die Kosten des vorliegenden abgetrennten Verfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im vorliegenden abgetrennten Verfahren ist die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen zu allen Zweigen der Sozialversicherung, Umlagen und Säumniszuschlägen anknüpfend an die von ihrer Seite im Zeitraum April 2011 bis Dezember 2012 an den Beigeladenen zu 1. gewährten Übergangsgeldzahlungen zu prüfen.
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Der am 30. Juni 1950 geborene Beigeladene zu 1. war seit 1967 Mitarbeiterin der Klägerin. Der in O. wohnende Beigeladene zu 1. arbeitete bis März 2011 in Vollzeit im Regionalzentrum I. der Klägerin. Zum 31. März 2011 wurde dieses Regionalzentrum vollständig geschlossen. Sein Bruttogezahlt belief sich zuletzt auf ca. 3.950 € (vgl. etwa Gehaltsabrechnung für Februar 2011 in den Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 26. August 2022), so dass er unter Einbeziehung der im Laufe des Jahres erbrachten Sonderzahlungen die Versicherungspflichtgrenze für die Krankenversicherung von seinerzeit 49.500 € überschritt. Der Beigeladene zu 1. war nicht Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi).
Die Klägerin sah zunächst für die Zeit ab April 2011 einen Einsatz des Beigeladenen zu 1. im Regionalzentrum J. vor, bot ihm allerdings zugleich auch eine sog. betriebliche Beurlaubung an.
Da der Beigeladene zu 1. eine Beurlaubung bevorzugte, schloss er mit der Klägerin unter dem Datum vom 18. März 2011 eine „Vereinbarung“ ab (vgl. wegen deren weiteren Einzelheiten Bl. 13 ff. der Akte des vorliegenden abgetrennten Verfahrens). Nach § 1 wurde der Beigeladene zu 1. ab dem 1. April 2011 „beurlaubt“, wobei in dem Vertrag festgehalten wurde: „Mit Beginn der Beurlaubung endet das Beschäftigungsverhältnis bei der KKH-Allianz.“
Für den Beurlaubungszeitraum verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung eines Übergangsgeldes von monatlich 2.950,36 €, welches ausgehend von einem ruhegeldfähigen Gehalt von 3.954,91 € und einem Bemessungssatz von 74,6 % ermittelt worden war. Die Zahlungspflicht sollte „bis zum Eintritt des Versicherungs- und Versorgungsfalls“ gelten (§ 1 Abs. 2).
Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte der Beigeladene zu 1. ab Beginn der Beurlaubung neben dem Anspruch auf Zahlung des Übergangsgeldes weiterhin einen Beihilfeanspruch nach der Anlage des Haustarifvertrages sowie Anspruch auf Zahlung eines jährlichen Weihnachtsgeldes haben (§§ 3, 5). Ansonsten standen dem Beigeladenen zu 1. keine weiteren Zahlungsansprüche gegenüber der Klägerin zu (§ 2f.). Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte die Klägerin insbesondere auch keine Beiträge zur Sozialversicherung ab Beginn der Beurlaubung abführen (§§ 4, 7 und 8).
Der Beigeladene zu 1. verpflichtete sich in dieser Vereinbarung, zu dem (für Männer und Frauen gleichermaßen in Betracht kommenden) frühestmöglichen Zeitpunkt einen Rentenantrag zu stellen (§ 9, vgl. dort auch zu den Rechtsfolgen einer Missachtung dieser Verpflichtung).
Hinzutretendes Arbeitsent...