Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung einer Witwenrente wegen Hinzutretens einer Altersrente aus eigenem Recht unter Berücksichtigung von FRG-Zeiten

 

Orientierungssatz

1. Eine gewährte Witwenrente kann hinsichtlich des Rechts auf Witwenrente nach § 48 Abs. 1 SGB 10 neu festgestellt werden, wenn sie durch den späteren Eintritt einer wesentlichen Änderung rechtswidrig geworden ist. Das ist u. a. dann der Fall, wenn der Witwe bestandskräftig eine Altersrente aus eigenem Recht unter Berücksichtigung von FRG-Zeiten bewilligt worden ist.

2. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 21. 07. 2010 festgestellt, dass § 22 b FRG n. F. rückwirkend zum 7. 5. 1996 wirksam in Kraft getreten ist. Die dadurch bewirkte Rentenkürzung verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Allein nach dem FRG begründete Rentenanwartschaften oder -ansprüche fallen auch nicht unter den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie ausschließlich auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der BRD beruhen, vgl. u. a. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06.05.2005 geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06.05.2005 wird zurückgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe einer (großen) Witwenrente.

Die 1939 geborene Klägerin und ihr 1926 geborener und 1994 verstorbener Ehemann lebten als deutsche Volkszugehörige in der früheren Sowjetunion und später in der Republik Kasachstan. Sie haben dort ihr Erwerbsleben verbracht und später Altersrenten bezogen. Die Klägerin siedelte am 22.06.2001 aus Kasachstan nach Deutschland über und wurde hier als Spätaussiedlerin anerkannt. Noch im Juni 2001 beantragte sie bei der (damaligen) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; seit 01.10.2005: DRV Bund) Altersrente aus eigener Versicherung und bei der Beklagten Hinterbliebenenrente.

Nachdem die BfA auf Nachfrage mitgeteilt hatte, dass über den Rentenantrag noch nicht entschieden sei ("Antwort zur Anfrage nach § 22 b FRG" vom 07.12.2001), bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 22.06.2001 große Witwenrente mit einem monatlichen (Netto-)Zahlbetrag von 351,62 EUR. Der Rente lagen 34,3784 Entgeltpunkte (EP) der Klägerin für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu Grunde, die die Beklagte auf den gesetzlichen Höchstwert von 25 EP begrenzte. Sie berücksichtigte dabei 11,1112 EP der Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte und 10,4169 EP (= 13,888; 1,3333; vgl. § 22 b Abs. 1 Satz 2 FRG) der knappschaftlichen Rentenversicherung. Weiter enthält die Entscheidung den Hinweis, dass bei Hinzutritt einer weiteren auf FRG-Zeiten beruhenden Rente oder einer solchen Rente des Ehegatten oder Partners sich der Rentenanspruch vermindern könne (Bescheid vom 07.01.2002). Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Kurz darauf bewilligte die BfA der Klägerin - ebenfalls ab dem 22.06.2001 - Altersrente für Frauen mit einem monatlichen (Netto-)Zahlbetrag von 518,61 EUR. Dabei legte sie 22,1239 EP zu Grunde. Zusammen mit den 25,0001 EP nach dem FRG aus der knappschaftlichen Rente betrage die Summe der EP nach dem FRG 47,1240. Da der Höchstwert überschritten werde, sei eine Begrenzung auf insgesamt 25 EP vorzunehmen. Die EP aus der BfA-Rente seien vorrangig zu leisten (Bescheid vom 06.02.2002). Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Nachdem sie von der Rentenbewilligung durch die BfA erfahren hatte, hob die Beklagte den Bescheid vom 07.01.2002 teilweise auf: Da die Klägerin neben der Witwenrente eine Rente aus eigener Versicherung beziehe, seien ab dem 01.04.2002 monatlich nur noch 40,46 EUR zu zahlen. Durch das Hinzutreten der Altersrente der Klägerin sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Nach dem Gesetz seien für anrechenbare Zeiten nach dem FRG auch für mehrere Renten insgesamt höchstens 25 EP zu Grunde zu legen. EP aus einer Rente mit einem höheren Rentenartfaktor seien vorrangig zu berücksichtigen. Der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) geäußerten Rechtsansicht, die Begrenzung gelte nicht beim Zusammentreffen einer Rente aus eigener Versicherung mit einer Rente wegen Todes, folge sie nicht (Bescheid vom 14.03.2002; der Klägerin am 28.10.2003 zugestellter Widerspruchsbescheid vom 20.10.2003).

Mit ihrer dagegen am 26.11.2003 erhobenen Klage hat die Klägerin Witwenrente ohne eine Begrenzung der EP nach dem FRG begehrt und sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG gestützt, nach der § 22 b FRG (in der zur Zeit der Antragstellung bzw. Klageerhebung geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) aufgrund der besonderen Funktion der Hinterbliebenenrente bei einem Zusammentreffen mit einer Rente aus eigener Versicherung nicht anwendbar sei. Soweit der Gesetzgeber (später) § 22 b FRG durch das Gesetz zur Sicherung der nachh...

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