OFD Hannover, Verfügung v. 19.2.1998, S 2332 - 14 - StH 212/S 2332 - 7 - StO 211
Ergänzende Hinweise der Oberfinanzdirektion:
I. Zu Tz. 2.4 – Verlustrücktrag:
Eine Nettolohnvereinbarung liegt vor, wenn der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag – bzw. nach einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag – verpflichtet ist, zusätzlich zu dem vereinbarten Nettolohn die darauf entfallende Lohnsteuer und sonstige Annexsteuern wie z.B. Kirchensteuern, Solidaritätszuschlag sowie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu tragen.
Die entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers berührt dabei lediglich das Innenverhältnis, so daß der Arbeitnehmer selbst Schuldner der Steuern und Beiträge bleibt (vgl. § 38 Abs. 2 EStG für die Lohnsteuer). Die Übernahme der Steuern und Beitragslasten stellt für den Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Nettogehalt gezahlten Arbeitslohn dar. Steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn ist in diesen Fällen die Summe aus ausgezahltem Nettolohn und den vom Arbeitgeber übernommenen Steuern und Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (zu Einzelheiten der Berechnung vgl. Abschnitt 122 LStR).
Der danach ermittelte Bruttoarbeitslohn ist als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit auch dann in die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers einzubeziehen, wenn die vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer höher ist als die später durch die Veranlagung festgesetzte Einkommensteuer und der Arbeitnehmer den daraus resultierenden Erstattungsanspruch im Rahmen der Nettolohnvereinbarung an den Arbeitgeber abgetreten hatte (vgl. Beschluß des BFH vom 12.12.1975, BStBl 1976 II S. 543, Urteil des BFH vom 16.8.1979, BStBl 1979 II S. 771). Ergibt sich aufgrund der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung ein Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers, den dieser entsprechend den bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen – bzw. den kollektiven Regelungen der Betriebsvereinbarung bzw. des Tarifvertrags – an den Arbeitgeber zurückzuzahlen hat, bleibt dieser Umstand ohne Auswirkungen auf die Einkommensteuerveranlagung des betreffenden Veranlagungszeitraums (BFH-Urteil vom 16.8.1979, a.a.O.). Die Rückzahlung des Erstattungsbetrags an den Arbeitgeber führt vielmehr zu negativen Einnahmen des Arbeitnehmers aus nichtselbständiger Arbeit im Kalenderjahr des Abflusses beim Arbeitnehmer § 11 Abs. 2 EStG). Ein Abfluß in diesem Sinne liegt dabei noch nicht mit der Abtretung an den Arbeitgeber, sondern erst in dem Zeitpunkt vor, in dem der Erstattungsbetrag tatsächlich an den Arbeitgeber ausgezahlt wird (BFH-Urteil vom 22.6.1990, BFH/NV 1991 S. 156).
Die aus der Rückzahlung von Steuererstattungsbeträgen an den Arbeitgeber resultierenden negativen Einnahmen sind nicht auf einen fiktiven Bruttobetrag hochzurechnen, weil nicht der Nettolohn selbst, sondern lediglich zuviel einbehaltene Steuerabzugsbeträge auf den Nettolohn zurückgezahlt werden (zur Hochrechnung der negativen Einnahmen für Zwecke des Verlustrücktrags siehe nachfolgend).
Soweit die Rückzahlungsbeträge nicht bereits im laufenden Lohnsteuerabzugsverfahren oder im Rahmen des betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch den Arbeitgeber steuermindernd berücksichtigt wurden (vgl. Tz. 2.2 des Bezugserlasses), kann der Arbeitnehmer sie bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer als negative Einnahmen geltend machen. Ist im Veranlagungszeitraum der Rückzahlung ein Ausgleich mit positiven Einkünften (vgl. Tzn. 2.4.1 und 2.4.2 des Bezugserlasses) nicht oder nicht in vollem Umfang möglich, kommt eine steuermindernde Berücksichtigung nur im Wege des Verlustabzugs (Verlustrück- und vortrag) in Betracht. Die Vornahme eines Verlustrücktrags bedarf im Rahmen einer Pflichtveranlagung des Arbeitnehmers keines besonderen Antrags. Ist der Arbeitnehmer nicht bereits aus anderen Gründen zur Einkommensteuer zu veranlagen, muß dieser zur Berücksichtigung des Verlustrücktrags eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragen (zu Antragsfristen vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 3 EStG).
Bei Durchführung des Verlustrücktrags wird gebeten, insbesondere folgende Punkte zu beachten:
- Das Bestehen einer Nettolohnvereinbarung ist dem FA – soweit noch nicht geschehen – vom Arbeitnehmer nachzuweisen (z.B. durch Vorlage des Arbeitsvertrags), damit geprüft werden kann, ob die Erstattungsbeträge dem Arbeitgeber zustehen.
- Der Verlustrücktrag ist auf die beiden dem Verlustentstehungsjahr (= Kalenderjahr der Rückzahlung der Erstattungsbeträge an den Arbeitgeber) vorangegangenen Veranlagungszeiträume beschränkt – ungeachtet einer möglicherweise verlorengehenden steuerlichen Auswirkung der negativen Einnahmen, weil der Arbeitnehmer z.B. in den beiden Vorjahren und in den Folgejahren keine steuerpflichtigen inländischen Einkünfte mehr erzielt hat.
- Die Durchführung des Verlustrücktrags löst wiederum eine Steuererstattung aus, die regelmäßig noch in demselben Kalenderjahr wie die ursprüngliche Steuererstattung an den Arbeitgeber ausgezahlt wird. Die Steuererstattung aufgrund des Verlustrücktrags...