Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
Rz. 22
Die Mitteilungspflicht des § 5 Abs. 1 EFZG (siehe 3.1) besteht für alle Arbeitnehmer, die unter das EFZG fallen.
Bezüglich der Nachweispflichten ist seit dem 1.1.2023 nach dem Personenkreis zu unterscheiden. Die – bislang für alle Arbeitnehmer bestehende – Nachweispflicht des § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 5 EFZG gilt nur noch für:
- privatversicherte Arbeitnehmer,
- geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten,
- Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, feststellen lassen,
- Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsunfähigkeit durch einen im Ausland ansässigen Arzt feststellen lassen,
- Arbeitnehmer, die eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation nach § 9 EFZG antreten.
Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer haben dagegen keine Nachweispflicht mehr i. S. d. § 5 Abs. 2 EFZG. Vielmehr gilt seit 1.1.2023 für sie § 5 Abs. 1a EFZG, der bestimmt, dass gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer zu den in § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 4 genannten Zeitpunkten verpflichtet sind, das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 oder 4 aushändigen zu lassen.
Der folgende Abschnitt thematisiert die Nachweispflichten, insbesondere für Privatversicherte. Die für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer geltende sog. Feststellungspflicht wird im Abschnitt 3.3 behandelt.
Unabhängig von der Mitteilungspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist insbesondere der privatversicherte Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG verpflichtet, eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage andauert (sogenannte Erstbescheinigung). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, muss der Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG eine neue Bescheinigung vorlegen (sogenannte Folgebescheinigung). Die Bescheinigung hat nicht nur den Zweck, die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Attest nachzuweisen. Sie dient maßgeblich dem Interesse des Arbeitgebers, durch ärztliche Bescheinigung zu erfahren, mit welcher Arbeitsunfähigkeitsdauer zu rechnen ist, um die notwendigen betrieblichen Dispositionen möglichst frühzeitig vornehmen zu können. Der Arbeitgeber kann auf den Nachweis zwar jederzeit verzichten, dies wird jedoch praktisch kaum relevant werden.
Sowohl bei der Erst- als auch bei der Folgebescheinigung ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ein Entgeltfortzahlungsanspruch zusteht. Die Nachweispflicht besteht unberührt hiervon. Auch wenn die Erlangung einer Bescheinigung für den Arbeitnehmer mit Schwierigkeiten und Kosten verbunden sein sollte, entbindet ihn das nicht von der Nachweispflicht. Probleme können insbesondere bei einem stationären Krankenhausaufenthalt auftreten: Der behandelnde Arzt mag möglicherweise deshalb keine Bescheinigung ausstellen, weil er diese Leistung von den Krankenkassen nicht erstattet erhält.
Wird einem Arbeitnehmer unbefristete Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, spricht einiges dafür, ihm nicht die Pflicht aufzuerlegen, allmonatlich eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Jedenfalls wäre bei der Frage, ob ein Verstoß gegen die Nachweispflicht z. B. eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigt, zu berücksichtigen, dass dem Dispositionsinteresse des Arbeitgebers Genüge getan war, weil er wusste, dass er mit der Rückkehr des Arbeitnehmers nicht zu rechnen hat. Andererseits sind die Nachweismöglichkeiten für den Arbeitnehmer durch Vorlage des ärztlichen Vordrucks auch in den Fällen, in denen er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung (mehr) hat, seit dem 1.1.2016 verbessert worden. Diese Umstände sind im jeweiligen Fall abzuwägen.
Vordrucke für vertragsärztliche Versorgung
Seit dem 1.1.2016 müssen Ärzte für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung neue Vordrucke benutzen. Diese haben vor allem für die Fälle von Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung Neuerungen. Eine der wesentlichen Änderungen besteht darin, dass die neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch dann vom Arzt ausgefüllt werden muss, wenn der Arbeitnehmer bereits Krankengeld bezieht bzw. im Zeitraum der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit beziehen wird. Die Ausfertigungen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse und den versicherten Arbeitnehmer enthalten am Ende ein Kästchen "ab 7. AU-Woche oder sonstiger Krankengeldfall". Das für den Arbeitgeber bestimmte Muster enthält diese Möglichkeit zwar nicht. Dennoch kann der Arbeitnehmer seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen und muss sich nicht wie bisher behelfen, indem er z. B. eine Kopie der Bescheinigung für die Krankengeldauszahlung ("Auszahlschein") vorlegt.