vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskosten bei Taxifahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Aufwendungen für Besuchsreisen des anderen Elternteils ins Ausland
Leitsatz (redaktionell)
- Nur Aufwendungen für Fahrkarten des regelmäßig verkehrenden öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs im Linienverkehr sind ausnahmsweise nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG statt der Entfernungspauschale als Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abziehbar.
- Tatsächliche Kosten für solche Fahrten mit Taxen im Gelegenheitsverkehr sind im In- und Ausland abweichend von der Rechtsprechung anderer Finanzgerichte nicht anstelle der Entfernungspauschale zum Abzug zugelassen.
- Aufwendungen für Besuchsreisen des anderen Elternteils zum gemeinsamen Kind ins Ausland können auch beim Wegzug ins Ausland von dem weggezogenen Elternteil nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 2 S. 1, Abs. 3; EStG 2009 § 33 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Sätze 1, 3, Abs. 2 Sätze 1-2; PBefG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, §§ 42, 42a, 46 Abs. 2 Nr. 1, § 47 Abs. 1, §§ 51, 8 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, § 39; UStG 2005 § 12 Abs. 2 Nr. 10
Streitjahr(e)
2015
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen, sowie um die Höhe der zu berücksichtigenden Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
Die Klägerin war im Jahr 2015 ganzjährig (aber zeitlich befristet) als Dozentin für eine deutsche Einrichtung im Ausland (A) tätig. Ihren inländischen Wohnsitz im Haus der Eltern gab die Klägerin während dieser Zeit nicht auf. Sie wohnte dort zusammen mit ihrem Sohn. Dieser besuchte dort die Schule. Der Kindesvater, von dem die Klägerin bereits vorher getrennt gelebt hatte, blieb in Deutschland. Er führte beim Familiengericht ein Verfahren wegen seines Umgangsrechts. Die Eltern erzielten letztlich eine Einigung vor dem Familiengericht dahingehend, dass die Klägerin sich verpflichtete, jeweils einmal im Quartal für die Kosten des Vaters anlässlich der Besuche bei dem gemeinsamen Kind am ausländischen Wohnort bzw. für Flugreisen nach Deutschland zur Ermöglichung des Besuchsrechts aufzukommen. Das Familiengericht genehmigte diese Vereinbarung zum Umgangsrecht und wies auf die Zulässigkeit von Ordnungsmaßnahmen bei Zuwiderhandlungen gegen die Vereinbarung hin.
Im Streitjahr hatte die Klägerin für Besuchsreisen des Kindesvaters von Deutschland nach A Kosten in Höhe von 1.980,33 € zu tragen. Ferner sind ihr für die Flüge des Kindes, sowie für ihre eigenen Flüge von A nach Deutschland Kosten in Höhe von 2.407,66 € entstanden. Im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2015) beantragte die Klägerin den Abzug dieser Aufwendungen in Höhe von insgesamt 4.388 € als außergewöhnliche Belastung.
Für die Fahrten zwischen Wohnung und ihrem Arbeitsplatz in A nutzte die Klägerin individuell bestellte Taxis, wodurch ihr nachgewiesene Aufwendungen in Höhe von 3.486,50 € entstanden sind. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2015 beantragte die Klägerin, die Kosten in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 5. April 2017 wurde die Klägerin zur Einkommensteuer 2015 veranlagt. Der Beklagte versagte der Klägerin den Abzug der Besuchskosten als außergewöhnliche Belastung. Die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte berücksichtigte das FA nur mit der Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € je vollen Entfernungskilometer (insgesamt 1.467 €). Die Klägerin erhob Einspruch. Im Einspruchsverfahren änderte das FA den angefochtenen Bescheid zugunsten der Klägerin aus nicht streitgegenständlichen Gründen und wies den Einspruch später im Übrigen als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin trägt vor, sie sei gemäß Beschluss des Familiengerichts verpflichtet worden, für die Kosten zur Ermöglichung des Umgangsrechts aufzukommen. Bereits aus der gerichtlichen Verpflichtung ergebe sich die Zwangsläufigkeit der entstandenen Kosten. Die streitgegenständliche Konstellation – nämlich, dass der anreisende Vater die Kosten nicht zu tragen habe - sei zudem ungewöhnlich und selten. Jedenfalls liege die Pflicht zur Kostentragung außerhalb des Üblichen, sodass eine außergewöhnliche Belastung vorliege. Dies gelte auch für die Flüge der Klägerin und ihres Sohnes nach Deutschland im Sommer 2015, sowie an Weihnachten 2015. Auch dabei handele es sich um Umgangszeiten, die die Anwesenheit des Sohnes beim Kindesvater zwangsläufig erforderten. Da der Sohn zum Zeitpunkt der Reisen erst sechs bzw. sieben Jahre alt gewesen sei, sei es unerlässlich gewesen, dass die Klägerin ihren Sohn auf den Reisen begleitet habe.
Die Klägerin ist zudem der Ansicht, die Kosten für die Taxifahrten in A seien in tatsächlich entstandener Höhe als Werbungskosten abzuziehen. Die Verkehrsverhältnisse in der dicht bevölkerten Stadt se...