rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Elektronische Übermittlung der Steuererklärung mittels Elster: Zugang der Erklärung erst mit Einreichung der komprimierten schriftlichen Erklärung?
Leitsatz (redaktionell)
- Gemäß § 1 Abs. 2 der Steuerdaten-Übermittlungs-VO vom 28.1.2003 war die elektronische Übermittlung von für das automatisierte Besteuerungsverfahren erforderlichen Daten zulässig, soweit die FinVerw hierfür einen Zugang eröffnet hatte.
- Ist in einem Bundesland für die Abgabe von Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen neben einem authentisierten Zugang ein solcher mit komprimierter Steuererklärung geöffnet, so ersetzt die elektronische Übermittlung nicht die Abgabe einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck i. S. des § 150 Abs. 1 AO.
- Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in der für den Empfänger bearbeiteter Weise aufgezeichnet hat. Entscheidend ist, dass das elektronisch übermittelte Dokument vom Empfänger geöffnet und gelesen werden kann.
- Bei der Übermittlung von Steuererklärungen mit komprimierter Steuererklärung ist diese Voraussetzung erst erfüllt, wenn das FA Kenntnis von der für den Übermittlungsvorgang vergebenen Telenummer erhält.
Normenkette
StDÜV v. 20.12.2006 § 1 Abs. 2; AO § 357 Abs. 1 S. 1, §§ 87a, 110
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Streitig ist die Rechtzeitigkeit des Einspruchs.
Durch Bescheide vom 23. Juni 2011 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2009 gegen den Kläger fest. Die Bescheide wurden am 27. Juni 2011 mit Zustellungsurkunde zugestellt. Die Festsetzungen beruhten auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen, weil der Kläger der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen nicht nachgekommen war.
Am 8. August 2011 gingen bei dem FA von dem Kläger unterschriebene Ausdrucke der Einkommensteuer- und der Umsatzsteuererklärung ein. Es handelte sich dabei um sogenannte komprimierte Steuererklärungen, die der Kläger mit dem von der Finanzverwaltung bereitgestellten Programm „ElsterFormular” erstellt hatte. Die Ausdrucke trugen die Telenummern „8..” bzw. „2..”. Die darin enthaltenen Daten hatte der Kläger am 6. August 2011 in nicht authentifizierter Form über das Internetportal Elster übermittelt. In dem beigefügten Anschreiben wies er darauf hin, dass er die Erklärungen bereits im Juli übermittelt habe, dabei jedoch Probleme beim Ausdruck der Erklärungen gehabt habe und diese daher noch einmal übermittle. Die Fehlausdrucke waren beigefügt.
Das FA wertete die Einreichung dieser Ausdrucke als Einspruch gegen die Steuerbescheide, wies den Kläger mit Schreiben vom 14. September 2011 aber darauf hin, dass dieser verspätet sei und eine Änderung der Steuerfestsetzungen zu seinen Gunsten daher nicht mehr erfolgen könne.
Mit Schreiben vom 21. September 2011 teilten seine Prozessbevollmächtigten dem FA mit, dass die Daten der Umsatzsteuererklärung bereits am 24. Juli 2011 und die Daten der Einkommensteuererklärung am 27. Juli 2011 unter den Telenummern „1..” bzw. „P..” per Elster übertragen worden seien. Da der Kläger keine Ausdrucke habe erzeugen können, habe er seinen EDV-Berater um Überprüfung gebeten. Dabei hätten sich tatsächlich EDV-Fehler ergeben, die den Kläger veranlasst hätten, die Übertragung am 6. August 2011 nochmals vorzunehmen. Da bereits am 24. bzw. 27. Juli 2011 Daten übermittelt worden seien, seien die Einsprüche gegen die Steuerbescheide rechtzeitig erhoben worden. Der Kläger habe bei der Verwendung des von der Finanzverwaltung bundesweit zur Verfügung gestellten Programms darauf vertrauen dürfen, dass dem FA die Daten zugehen würden. Dies gelte umso mehr, als die von ihm erstellten Datenübertragungsprotokolle keinen Hinweis darauf enthalten hätten, dass die Übertragung fehlgeschlagen sei.
Mit Schreiben vom 14. November 2011 beantragte der Kläger hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Durch Einspruchsbescheid vom 11. Januar 2012 verwarf das FA die Einsprüche gegen den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2009 als unzulässig. Zur Begründung führte es aus:
Die Einsprüche seien verspätet. Würden Steuererklärungen per Elster in nicht authentifizierter Form abgegeben, gingen diese dem FA erst mit dem Eingang der von dem Steuerpflichtigen unterschriebenen Erklärungsausdrucke zu. Dieser sei im Streitfall erst am 8. August 2011 und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist am 27. Juli 2011 erfolgt. Wiedereinsetzungsgründe lägen nicht vor. Wie sich aus der Übermittlung der Ausdrucke am 8. August 2011 ergebe, sei dem Kläger bekannt gewesen, dass für die wirksame Abgabe der Steuererklärungen die Einreichung unterschriebener Ausdrucke erforderlich sei.
Hiergegen richtet sich die am 10. Februar 2012 erhobene Klage. Zu deren Begründung führt der Kläger aus:
Das FA habe die Einsprüche zu Unrecht als unzulässig verworfen, da bereits die innerhalb der Einspruchsfrist erfolgte Übermittlung der Steuererklärungsdaten per Elster als Einspruch gegen die Steuerbescheide zu ...