Leitsatz (amtlich)

1. Gepfändete Anrechte der privaten Altersvorsorge unterliegen dem Versorgungsausgleich.

2. Die Pfändung eines solchen Anrechts - auch nach dem Ende der Ehezeit - schließt die Anordnung einer internen Teilung gemäß den §§ 10, 11 VersAusglG aus.

3. Gepfändete Anrechte sind nicht ausgleichsreif gem. § 19 Abs. 1 VersAusglG. Der berechtigte Ehegatte ist auf den Wertausgleich nach der Scheidung zu verweisen.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 2, 5, 10-11, 19, 29; ZPO §§ 829, 835; BGB §§ 135-136

 

Verfahrensgang

AG Tuttlingen (Beschluss vom 16.07.2012; Aktenzeichen 2 F 997/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG vom 27.8.2012 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Tuttlingen vom 16.7.2012 - 2 F 997/10 VA, in Ziff. 1 Abs. 6 des Tenors wie folgt abgeändert:

Hinsichtlich des Anrechts der Antragstellerin bei der Allianz Pensionskasse AG (Az.:...) bleibt der Anspruch des Antragsgegners auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner die Gerichtskosten je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1260 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.1. Das AG - Familiengericht - Tuttlingen hat in dem Scheidungsverbundverfahren 2 F 997/10 durch Beschluss vom 26.3.2012 den Versorgungsausgleich abgetrennt und hat mit weiterem Beschluss vom 26.3.2012 die Ehe der beiden Eheleute geschieden.

Mit Beschluss vom 16.7.2012 hat das AG unter dem Az. 2 F 997/10 VA den Versorgungsausgleich durchgeführt. Die Ehezeit i.S.d. § 3 Abs. 1 VersAusglG endete am ...

Hierbei hat das AG unter Ziff. 1 Abs. 6 des Tenors wie folgt entschieden:

"Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei dem Versorgungsträger Allianz Pensionskasse AG (Az.:...) zugunsten des Ehemanns ein Anrecht i.H.v. 6.508,27 EUR nach Maßgabe der Teilungsordnung in der Fassung vom 1.2.2011 und nach Maßgabe des Tarifs VGR2 (PE) sowie der Allgemeinen Versicherungsbedingungen E76APK, bezogen auf den 31.10.2010, belastungsfrei übertragen."

2. Die Allianz Pensionskasse AG hat gegen den ihr am 13.8.2012 zugestellten Beschluss mit am 30.8.2012 beim AG Tuttlingen eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Hierbei hat sie gerügt, dass das Familiengericht in seinem Beschluss vom 16.7.2012 die interne Teilung angeordnet habe, obwohl ein wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 19.4.2011 vorliege. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass auch eine Pfändung nach Ehezeitende zu einem Ausschluss der Teilung führe, da die Pfändung auf das Ende der Ehezeit zurückwirke. Durch das mit der Pfändung einhergehende Verfügungsverbot sei dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über das Anrecht entzogen.

Bei einer Teilung des Anrechts würde das am (vollen) Anrecht der Antragstellerin bestehende Pfändungspfandrecht, soweit ein neues Anrecht bei dem Antragsgegner in Höhe des Ausgleichswerts begründet werde, erlöschen. Für den Fall der Durchführung einer internen Teilung, wie vom AG beschlossen, sähe sich die Beschwerdeführerin einer Doppelzahlung ausgesetzt.

Der vorstehenden Problematik sei dahingehend zu begegnen, dass ein Ausgleich des Anrechts dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten sei.

Die Allianz Pensionskasse AG beantragt:

Der Beschluss des Familiengerichts Tuttlingen vom 16.7.2012 - 2 F 997/10 VA, wird im Punkt 6 wie folgt abgeändert:

Der Ausgleich der Anrechte aus dem Vertrag ... bleibt gem. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben zu der Beschwerde keine Stellung genommen.

II.1. Die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG ist statthaft gem. § 58 Abs. 1 FamFG und ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form - und fristgerecht eingelegt (§§ 63, 64 FamFG).

In Folge der in zulässiger Weise durch die Beschwerdeführerin beschränkten Anfechtung fällt der angegriffene Beschluss dem Senat nur in dem Umfang der Beschwerde, d.h. nur hinsichtlich des bei der Allianz Pensionskasse AG bestehenden Anrechts, zur Überprüfung an (BGH FamRZ 2011, 547).

Im Übrigen bleibt die Entscheidung des AG - Familiengericht - Tuttlingen unberührt.

2. Auf die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG war der Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses in Ziff. 1 Abs. 6 abzuändern.

Die Allianz Pensionskasse AG hatte mit Schreiben vom 16.2.2011 Auskunft über folgendes bei ihr geführte Anrecht der Antragstellerin erteilt.

Ehezeitanteil: 13.216,53 EUR

Ausgleichswert: 6.608,27 EUR

Die Allianz Pensionskasse AG hatte damals die Durchführung der internen Teilung des Anrechts vorgeschlagen und hatte darauf hingewiesen, dass die Kosten der internen Teilung i.H.v. insgesamt 200 EUR bei der Berechnung des Ausgleichswerts noch nicht zur Hälfte abgezogen worden seien.

Mit Schreiben vom 6.5.2011 teilte die Allianz Pensionskasse AG mit, dass zu der bei ihr geführten Versicherung der Antra...

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