Jede Personalsuche kostet Zeit und vor allem Geld. Mehr denn je bewirken demografischer Wandel, Fachkräftemangel und digitale Transformation, dass Unternehmen sich auf alternative und neue Wege im Recruiting einlassen müssen, um die passendsten Talente im berühmten "war for talents" für sich zu gewinnen. Das gilt für große Konzerne ebenso wie für kleine und mittelständische Unternehmen. Das wirkt sich spürbar auf den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft aus, die dadurch einem stetigen Wandel unterzogen sind. Diese gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussen auch den Onboarding-Prozess, wie die folgenden Megatrends zeigen.
1.3.1 Arbeitnehmermarkt und Wettbewerbsdruck bedingen häufigere Frühfluktuationen
Qualifizierte Fachkräfte können sich ihre Stellen aussuchen, da es in vielen Branchen ein Überangebot an vakanten Jobs gibt. Drastischer formuliert: Nicht ein Arbeitnehmer bewirbt sich bei einem Arbeitgeber, sondern Unternehmen müssen sich bei ihren zukünftigen Mitarbeitern bewerben.
Unternehmen müssen daher – zunächst im Recruiting – kreative Wege beschreiten, um auch in Zukunft attraktiv für neue Mitarbeiter jeglicher Berufsgruppen zu sein. Deshalb investieren viele Unternehmen
- in ein modernes, auf die jeweiligen Zielgruppen ausgerichtetes Recruiting,
- bespielen unterschiedlichste Recruitingkanäle,
- nutzen moderne Bewerbermanagement-Software, die den gesamten Bewerbungsprozess professionalisiert,
- und investieren viel Zeit und Mühe in den Aufbau einer authentische Arbeitgebermarke (Employer Branding), um für Bewerber und für die eigenen Mitarbeiter attraktiv zu sein (Mitarbeiterbindung).
Allerdings: Wenn der Bewerber angebissen und den Vertrag tatsächlich unterschrieben hat, geschieht in vielen Unternehmen dann erstmal nichts mehr. Bildlich gesprochen, fällt der Bewerber in ein großes schwarzes Loch! Die Kommunikation reißt komplett ab, niemand fühlt sich jetzt so richtig zuständig: Für HR ist zunächst einmal der Recruitingprozess abgeschlossen, die Stelle ist offiziell besetzt. Für die Fachabteilung ist der Arbeitsbeginn des neuen Mitarbeiters noch zu weit weg, da dieser erst in einigen Monaten seine neue Stelle antritt.
Hier lauert der große Irrtum. Das zeigt sich auch in der Haufe Onboarding-Umfrage 2023. Bei 36 % der befragten Unternehmen kommt es vor, dass teuer rekrutierte Kandidaten noch vor dem ersten Arbeitstag wieder abspringen. Denn auch nach der Vertragsunterschrift können sich die neuen Talente noch umentscheiden und kurzfristig wieder abspringen.
Es genügt also als Onboarding-Maßnahme nicht, den neuen Kollegen mit Blumen am ersten Arbeitstag am Empfang zu erwarten. Denn da taucht er unter Umständen gar nicht mehr auf. Um die Früh- oder Anfangsfluktuation zu vermeiden, sollten von Anfang an, nämlich direkt nach Vertragsunterzeichnung, zeitlich passende und strukturiert geplante Onboarding-Instrumente eingesetzt werden.
1.3.2 New Work: Trend hin zu kürzeren und freien Arbeitsverhältnissen
Durch die immer häufiger praktizierten New Work-Ansätze mit agilen Arbeitsmethoden, Freelancing, Crowdworking oder dem zunehmenden Wunsch nach ortsungebundener Arbeit müssen sich Unternehmen und Mitarbeiter öfter auf sich verändernde Arbeitsverhältnisse einstellen. Teams formieren sich für bestimmte Aufgaben und Projekte und lösen sich danach wieder auf. Für diese Projekte entstehen häufig einzigartige Netzwerke, die Personen aus verschiedenen Abteilungen, mit verschiedenen Hintergründen und Erfahrungen miteinander verbinden. Diese Netzwerke formen sogenannte "Mixed Teams", deren Vielfalt an Perspektiven oft zu lebhaften Diskussionen führt und häufig effiziente Lösungen hervorbringt.
Allerdings erfordern diese New Work-Arbeitsformen auch ein ständiges On- / Re- oder Offboarding der Teammitglieder. Teams können jedoch erst effektiv und effizient arbeiten, wenn sich die Teammitglieder "sicher" fühlen. Sei es hinsichtlich Meinungsäußerung, Fehlerkultur oder Innovationsideen.
Für Onboarding-Programme der Unternehmen bedeutet dies, dass sie gewährleisten müssen, die neuen Mitarbeiter schnell sozial und kulturell zu integrieren, damit diese psychologische Sicherheit Schritt für Schritt schnellstmöglich aufgebaut wird. Nur so können die Mitarbeiter schnell produktiv mitarbeiten.
1.3.3 Unterschiedliche Arbeitnehmer-Generationen
Die Werte und Lebensentwürfe der Mitarbeiter aus verschiedenen Generationen unterscheiden sich häufig sehr. Das war schon immer so und ist auch nicht schlimm. Das liegt daran, dass jede Generation in unterschiedlichen Zeiten aufgewachsen ist und entsprechend anders sozialisiert wurde.
Generationsübergreifende Arbeit setzt sich mit der Herausforderung auseinander, die unterschiedlichen Bedürfnisse der diversen Generationen zu erkennen und angemessen zu begegnen, um Generationenkonflikte zu vermeiden. Nicht selten prallen dabei Welten aufeinander, schließlich hat die gesellschaftliche und technologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte die Einstellungen zur Erwerbsarbeit massiv verändert.
Gerade die jüngere Generation erlebt durch die sozialen Netzwerke eine Offenheit, Transparenz und Selbstbestimmtheit, die ihr Verhalten maßgeblich bestimmt und die sie auch von ihrem zukünftigen Arbeitgeber erwartet...