8.1 Gegenerklärung
Nach § 83 Abs. 2 BetrVG ist der Mitarbeiter berechtigt, der Personalakte Erklärungen zu ihrem Inhalt beizufügen. Der Gesetzgeber räumt dem Mitarbeiter auf diese Weise die Gelegenheit ein, die Personalakte so zu ergänzen, dass die darin enthaltenen Vorgänge ein seines Erachtens objektiv richtiges Bild widerspiegeln. Stößt deshalb ein Mitarbeiter bei der Akteneinsicht auf Schriftstücke, mit deren Inhalt er nicht einverstanden ist, glaubt er zum Beispiel, einer wenig schmeichelhaften Personalbeurteilung widersprechen zu müssen, so sind seine schriftlichen Erklärungen auf sein Verlangen der Personalakte beizufügen.
Die Erklärung muss "zum Inhalt der Personalakte" gemacht werden, muss sich also auf einen konkreten Vorgang in der Personalakte beziehen. Wie jedes Recht findet auch der Anspruch auf eine Gegenerklärung seine Grenzen am Grundsatz von Treu und Glauben, weshalb z. B. die Erklärung keinen unangemessenen Umfang und keinen den Arbeitgeber und seine leitenden Mitarbeiter beleidigenden Inhalt haben darf.
Die Erklärungen des Arbeitnehmers sind unmittelbar bei dem beanstandeten Schriftstück abzuheften. Ein Leser soll nämlich sofort und nicht erst viele Seiten später die Gegenerklärung zur Kenntnis nehmen können. Dieses Verlangen darf nicht mit dem Hinweis verwehrt werden, die Personalakte sei chronologisch geordnet.
Die Gegenerklärung ist so lange aufzubewahren wie der Vorgang, gegen den sie sich richtet. Bei dessen Entfernung kann auch die Gegenerklärung entnommen werden. Zweckmäßigerweise wird sie dem Mitarbeiter mit dem Hinweis zurückgegeben, dass der gesamte Vorgang aus der Personalakte entnommen wurde.
8.2 Entfernung aus der Personalakte
Ein unzutreffender Vermerk in der Personalakte ist auf Verlangen des Mitarbeiters aus der Akte zu entfernen.
Bei der Geltendmachung des aus § 78 Satz 1 BetrVG folgenden Anspruchs auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. Der Betriebsrat kann daher keine Ansprüche für ein betroffenes Betriebsratsmitglied geltend machen.
Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen; der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.
Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet, kann ein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen nach §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann bestehen, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer noch schaden kann.
Datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch?
In der Rechtsprechung wird vertreten, dass der allgemeine zivilrechtliche Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung und der datenschutzrechtliche Löschungsanspruch 2separate Streitgegenstände darstellen, da der zivilrechtliche Entfernungsanspruch an die inhaltliche Unrichtigkeit der Abmahnung anknüpft, während dies beim datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch kein relevantes Kriterium ist.
Umstritten ist, ob es einen datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch für Abmahnungen bei beendetem Arbeitsverhältnis gibt.
Das LAG Sachsen-Anhalt bejaht dies und sieht einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte als Fall der Löschung aus Art. 17 Abs 1 DSGVO an. Das LAG weist dabei ausdrücklich daraufhin, dass nach seiner Rechtsauffassung der Arbeitnehmer nicht anhand konkreter Anhaltspunkte darlegen muss, dass die Abmahnung ihm noch schaden könnte. Demnach sind auch Löschungsansprüche bei beendetem Arbeitsverhältnis möglich.
Das LAG Niedersachsen hat bereits erhebliche Zweifel, ob oder wieweit die traditionell noch in Papierform geführten Personalakten überhaupt vom Regelungsbereich der DSGVO und des BDSG erfasst werden. Einen datenschutzrechtlichen Löschunganspruch – zumindest für Personalakten aus Papier –lehnt es daher ab. Es gibt bisher keine höchstrichterliche Klärung dieser Frage durch das BAG.
Auch eine zu Recht erteilte Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen, wenn kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht. Der Arbeitnehmer kann ihre Entfernung also nur dann verlangen, wenn eine Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass eine weitere Aufbewahrung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen könnte, obwohl der beurkundete Vorgang für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist.
Der Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung setzt nicht nur voraus, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Vielmehr darf der Arbeitgeber darüber hinaus kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben. So kann ein hinreichend lange zurückliegender, nicht schwerwiegender und durch beanstandungsfreies Verhalten faktisch überholter Pflichtenverstoß seine Bede...