Die Dokumentation dient dazu, den beobachteten Ablauf im Prozess festzuhalten. Sie stellt ein "Soll" dar, mit dem wir die tägliche Arbeitsrealität als "Ist" vergleichen. Die beobachteten Abweichungen geben Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten für den Prozess.

Eine Prozessanalyse stellt diese gelebte Form der Zusammenarbeit in Frage. Wir wollen damit herausfinden, wie gut der aktuelle Prozess den Anforderungen an die Zieldimensionen Qualität, Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Variabilität entspricht.

6.3.1 Wie objektiv analysieren wir?

Wenn wir von Prozessanalyse sprechen, sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass eine objektive Analyse von Prozessen nicht möglich ist. Im Unterschied zu naturwissenschaftlichen oder technischen Analysen haben wir es bei Prozessanalysen mit sozialen Systemen zu tun. Bei einer naturwissenschaftlichen Analyse sind wir Analyst unabhängig vom Objekt der Analyse, bei einem Prozess sind wir Teil des Systems. Dementsprechend ist auch unser Interesse an einer Prozessanalyse nicht unabhängig, ebenso wie die Kriterien, Maßstäbe und Methoden.

Jede Analyse vergleicht die Beobachtungen (Ist) mit einem angenommenen Soll. Ohne eine Vorstellung von einem optimalen Prozess ist eine Analyse nicht möglich. Darum ist es wichtig, dass die Zielsetzung der Analyse für alle Beteiligten offen ist.

6.3.2 Mengen und Zeiten

Die häufigste Analyse von Prozessen gilt dem Verständnis von Mengen und Zeiten im Prozess. Wie häufig wird der Prozess genutzt? Wie lange dauert ein Durchlauf des Prozesses? Dies sind hier die zentralen Fragen. Damit will man herausfinden, welche Bedeutung ein Prozess für das Unternehmen hat. Prozesse, die nur selten stattfinden sollen von denen unterschieden werden, die für das Unternehmen prägend sind.

Dabei stellt man häufig fest, dass diese scheinbar simplen Informationen gar nicht ohne weiteres zu erheben sind. Prozesse werden im Alltag nur dann gezählt, wenn sie als solche bewusst sind. Häufig gibt es ein zentrales Objekt wie "Kundenauftrag", das als Dokument für den Prozess greifbar ist. Dann kann man diese Dokumente zählen, um ein Mengengerüst für den Prozess zu gewinnen. Will man aber darüber hinaus Varianten des Prozesses unterscheiden und zählen, dann liegen dazu in der Regel weniger Daten vor. Schon das einfache Zählen von Prozessdurchläufen kann ein aufwändiger Analyseschritt sein.

Die Durchlaufzeit misst die Zeitspanne zwischen dem definierten Start des Prozesses und seinem Ende. Werden diese Zeiten gemessen, kann man eine durchschnittliche Dauer und eine Spanne für die Abweichungen berechnen. Sehr häufig gibt es aber keine Zeitstempel für Prozessdurchläufe, die man einfach miteinander vergleichen kann. Dann sucht man in der Analyse nach "Spuren", die der Prozess in den Dokumenten oder Systemen hinterlässt.

Mit Anwendungen zum "Process Mining" kann man automatisch die Softwaresysteme des Unternehmens durchsuchen, um Transaktionen zu lokalisieren, die für Ereignisse im Prozess stehen. Diese Auswertungen sind dann für Analysen über Mengen, Varianten und Zeiten im Prozess heranzuziehen.

6.3.3 Kennzahlen beobachten

Kennzahlen sind eine sehr verbreitete Methode, Prozesse zu beobachten. Wir definieren dazu Erfolgsfaktoren, die uns zeigen, dass die Leistung den Erwartungen entspricht. Diese Faktoren wollen wir mit Kennzahlen beobachten. Die vier Zieldimensionen Qualität, Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Variabilität geben auch hier den Rahmen vor.

Wirtschaftlichkeit

Die Kostendimension von Prozessen beschreibt den Verbrauch von Ressourcen zur Erstellung von Leistungen. In HR-Prozessen dürften das in erster Linie Personalressourcen für die Bearbeitung der HR-Leistungen sein.

Personalressourcen für Prozesse können wir deduktiv (brutto) berechnen, indem wir die gegebenen Kapazitäten rechnerisch auf die Durchführung der einzelnen Prozesse aufteilen. Wenn in einem Recruiting-Team fünf Personen arbeiten und dieses Team außer dem Recruiting-Prozess keine anderen Aufgaben hat, dann können wir die fünf Personen durch die Anzahl der Einstellungen einer Periode teilen. Dann wissen wir, wie viele Einstellungen eine Person im Durchschnitt bearbeitet.

Wollen wir die Personalressourcen induktiv berechnen, dann schätzen wir zunächst, wie lange eine Person für die einzelnen Aktivitäten des Prozesses benötigt. Wir unterscheiden dann verschiedene Varianten des Prozesses, die unterschiedliche Aktivitäten beinhalten. Dann zählen wir die Prozessausführungen und die Varianten und addieren die Zeiten für die Tätigkeiten. So erhalten wir einen geschätzten Personalaufwand für den Prozess.

Natürlich werden beide Messungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Eine starke Differenz kann ein Hinweis auf einen ineffizienten Einsatz von Personalressourcen sein.

Schnelligkeit

In der Dimension Geschwindigkeit messen wir vor allem die Durchlaufzeit der Prozesse. Wie lange brauchen wir von einer Stellenanforderung bis zur Einstellung einer Person? Wie schnell kann die HR-Abteilung eine angeforderte Vertragsänderung umsetzen?

Qualität

Die Dimension der Qualität ist vielfältig und hängt von den beob...

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