FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 10.9.2012, S 0401 - 10 - V A 5
Bezug: Erlass vom 11.6.2008, S 0401 – 10 – V A 5
Die in Nordrhein-Westfalen entwickelte Prüfungsmethode der zeitnahen Betriebsprüfung ist zwischenzeitlich in § 4a der Betriebsprüfungsordnung (BpO) verankert worden. Die Vorschrift enthält einige wichtige Rahmenbedingungen für die Durchführung zeitnaher Betriebsprüfungen, die ich im Sinne einer einheitlichen Anwendung der Prüfungsmethode wie folgt anzuwenden bitte:
Eine Betriebsprüfung ist zeitnah, wenn der Prüfungszeitraum einen oder mehrere gegenwartsnahe Besteuerungszeiträume umfasst.
Dabei sind nur die Besteuerungszeiträume als gegenwartsnah anzusehen, bei denen zum Zeitpunkt des vorgesehenen Prüfungsbeginns das letzte Jahr des angeordneten Prüfungszeitraums nicht länger als zwei Jahre zurückliegt und der Prüfungszeitraum zudem nicht mehr als zwei Veranlagungszeiträume umfasst.
- Grundlage für die zeitnahe Betriebsprüfung sind die vorliegenden Steuererklärungen i.S. des § 150 AO der zu prüfenden Besteuerungszeiträume.
- Die Mitwirkungsrechte der Bundesbetriebsprüfung dürfen nicht beeinträchtigt werden.
- Über das Ergebnis der zeitnahen Betriebsprüfung ist ein Prüfungsbericht oder eine Mitteilung über eine ergebnislose Prüfung anzufertigen (§ 202 AO).
Im Übrigen unterscheiden sich die Rahmenbedingungen für eine zeitnahe Betriebsprüfung nicht von denen der herkömmlichen Prüfung. Die Regelung des § 4 Abs. 2 BpO (Grundsatz der Anschlussprüfung) steht der Durchführung einer zeitnahen Betriebsprüfung nicht entgegen.
Gründe für eine größere Zeitnähe von Betriebsprüfungen
Folgende Gründe sprechen für eine größere Zeitnähe von Prüfungen:
- Die Prüfung weit zurückliegender Veranlagungszeiträume verursacht in Verwaltung und in den zu prüfenden Unternehmen einen deutlich höheren Aufwand als die Prüfung aktueller Veranlagungszeiträume, weil fortgesetzte komplexe Steuerrechtsänderungen und strategische Umorganisationen in den großen Unternehmen zu merkbaren Effizienzverlusten auf beiden Seiten führen.
- Moderne Prüfungsmethoden wie der Einsatz des Datenzugriffs gem. § 146 Abs. 5 AO und § 147 Abs. 6 AO sind für beide Seiten leichter einzusetzen, wenn es sich um Veranlagungszeiträume handelt, die bei Durchführung der Prüfung noch nicht lange zurückliegen. So kann der Rückgriff auf bereits archivierte Daten vermieden werden.
- Kompetente Ansprechpartner auf Seiten der Unternehmen sind häufig im Zeitpunkt der Durchführung nicht zeitnaher Prüfungen schon nicht mehr im Unternehmen tätig, was häufig zu Verzögerungen z.B. bei der Abwicklung von Prüferanfragen führt.
- Steuernachforderungen aufgrund von Prüfungsmaßnahmen können schneller haushaltswirksam festgesetzt und erhoben werden.
- Die Folgeprüfung wird von den bisher häufig zeitaufwändigen Kontrollen der Bilanzanpassungen der Unternehmen an die Vorprüfung entlastet.
Ich bitte daher, landesweit in allen Finanzämtern für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP-FÄ) aus dem gesamten Fallbestand einen Anteil von geeigneten Fällen auszuwählen, in denen weiterhin bzw. zukünftig zeitnahe Betriebsprüfungen erfolgen sollen. Für die Auswahl geeigneter Fälle erscheinen starre Abgrenzungskriterien wie z.B. bestimmte Umsatzgrößen nicht sinnvoll. Die Entscheidung, in welchen Fällen eine zeitnahe Betriebsprüfung durchgeführt wird, trifft das GKBP-FA im Einzelfall (ggf. im Benehmen mit den an der Prüfung beteiligten Prüfungsstellen für konzernanhängige Unternehmensteile).
Da vielfach Grundlage für eine zeitnahe Betriebsprüfung das Heranführen des Falles an aktuelle Zeiträume ist, hat es sich im Einzelfall als sinnvoll erwiesen, dem zu prüfenden Unternehmen bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Vor-Betriebsprüfung mitzuteilen, dass der Fall in der Anschlussprüfung für ein zeitnahe Betriebsprüfung vorgesehen ist.
Heranführung an zeitnahe Prüfungszeiträume
Aus einer Vielzahl von Gründen wird es nicht möglich sein, dass kurzfristig ein wesentlicher Teil des jeweiligen Fallbestandes in einem verkürzten Rahmen (< drei Prüfungsjahre) zeitnah geprüft wird. Um sich jedoch diesem Ziel zu nähern, ist es erforderlich, bei allen Betriebsprüfungen von Großbetrieben nachdrücklich eine größere Zeitnähe zu den zu prüfenden Veranlagungszeiträumen anzustreben. Die risikoorientierte Fallauswahl sowie ein konsequent nach Schwerpunkten gebildeter Prüfungsansatz, verbunden mit einer effizienten Zeitplanung – möglichst im Einvernehmen mit dem Unternehmen (Vereinbarung von Zeitkorridoren zur Prüfungsabwicklung) – sind hierfür geeignete Maßnahmen. Denkbar ist auch, die Prüfung von Dauersachverhalten (wie z.B. Bewertungen des Warenbestandes) in spätere für die zeitnahe Betriebsprüfung vorgesehene Jahre zu verschieben. Als zusätzliche Maßnahme bietet sich auch die vorübergehende personelle Verstärkung des Prüfereinsatzes an, um den Fall an aktuelle Veranlagungszeiträume heranzuführen.
Die Fälle, die an eine zeitnahe Bp herangeführt werden sollen, erfordern regelmäßig eine besondere Planung. Um die Bemühungen der GKBP-FÄ h...