OFD Frankfurt, Verfügung v. 11.9.2002, S 2246 A - 10 - St II 20
Bezug: BMF-Schreiben vom 27.12.1999 (BStBl 2000 I S. 42); Rdvfg. vom 21.2.2000 (ESt-Kartei § 18 Karte 6)
Das Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Psychotherapeutengesetz – PsychThG) vom 16.6.1998 (BGBl 1998 I S. 1311) regelt das Berufsrecht der genannten Berufsgruppen. Zur Frage, ob die Psychologischen Psychotherapeuten und die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten danach freiberuflich oder gewerblich tätig sind, wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung genommen:
Die Tätigkeit des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ist eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die Tätigkeit ist zwar in dem Katalog der freien Berufe nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht aufgeführt. Es handelt sich jedoch um eine dem Katalogberuf des Arztes ähnliche heilberufliche Tätigkeit.
Das Berufsbild des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichentherapeuten nach dem PsychThG ist, was Tätigkeit und Ausbildung angeht, mit dem Beruf des Arztes vergleichbar. Die Ausübung der psychotherapeutischen Tätigkeit ist im Übrigen nach dem PsychThG ebenso wie die ärztliche Tätigkeit von einer staatlichen Erlaubnis (Approbation) abhängig.
Somit ist die Tätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut und die Tätigkeit als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut vom Veranlagungszeitraum 1998 an in ihren wesentlichen Merkmalen mit der Tätigkeit des Arztes als Katalogberuf gleichzustellen.
Dagegen ist bei selbstständig tätigen Diplom-Psychologen, die auf anderen Gebieten als der Psychotherapie tätig sind, eine der ärztlichen Tätigkeit ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht gegeben; denn die Psychologie ist als solche keine spezifisch heilkundliche Wissenschaft. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Tätigkeit des Diplom-Psychologen als wissenschaftliche Tätigkeit darstellt. Der wissenschaftliche Charakter oder die Ähnlichkeit der Tätigkeit des Diplom-Psychologen mit einer oder mehreren der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Tätigkeiten außerhalb der Heilberufe kann jedoch nur aufgrund des Betätigungsfeldes und der Art der Tätigkeit im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden.
Die BMF-Schreiben vom 9.2.1981, IV B 4 – S 2246 – 12/81 und vom 18.7.1983, IV B 4 – S 2246 – 23/83 (vgl. Bezugsvfg.) sind nicht mehr anzuwenden.
Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt 2000 Teil l Seite 42 veröffentlicht.
Zusatz der OFD:
In der Bezugsverfügung war u.a. geregelt, dass Kandidaten, die am Ende ihrer Zusatzausbildung bei einem anerkannten psychotherapeutischen Ausbildungsinstitut stehen, eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben. Es ist gefragt worden, ob die Bezugsverfügung insoweit weiter anzuwenden ist, da dieser Fall durch das BMF-Schreiben vom 27.12.1999 (s.o.) nicht neu geregelt worden sei.
Hierzu wird gebeten folgende Auffassung zu vertreten:
Mit dem Psychotherapeutengesetz (in Kraft seit 1.1.1999) sind die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten bundeseinheitlich geregelt worden. Die Ausbildung endet mit einer staatlichen Prüfung. Der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung führt – bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen – zur Erteilung der Approbation, die ihrerseits erst zur Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie berechtigt.
Während der Ausbildung befindet sich der Ausbildungsteilnehmer in einem vertraglichen Ausbildungsverhältnis zur Ausbildungsstätte. Lediglich während der praktischen Ausbildung finden Patientenbehandlungen statt, die vom Ausbildungsteilnehmer durchzuführen sind, die jedoch als Bestandteil der Ausbildung durch die Ausbildungsstätte zu überwachen sind.
Abweichend von der Rechtslage im Jahr 1983 ist das sog. Beauftragungsverfahren, nach dem die volle medizinische und rechtliche Verantwortung beim beauftragenden Arzt lag, zwischenzeitlich entfallen. Nach den Regelungen des Sozialgesetzbuchs – Fünftes Buch – (SGB V) können nunmehr lediglich die anerkannten Ausbildungsstätten die von den Ausbildungsstellennehmern erbrachten psychotherapeutischen Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen.
Es besteht somit keine gesetzliche Möglichkeit mehr, dass ein Ausbildungsteilnehmer selbstständig und eigenverantwortlich tätig werden und Leistungen im eigenen Namen mit den gesetzlichen Krankenversicherungen abrechnen kann. Eine freiberufliche Tätigkeit während der Ausbildung kommt auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die berufsrechtliche Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie bis zur Erteilung der Approbation noch nicht vorliegt.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1