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Fristlose Kündigung wegen Äußerungen in privater Chatgruppe |
BAG, Urteil v. 24.8.2023, 2 AZR 17/23 und 2 AZR 19/23 |
Ein Arbeitnehmer, der sich in einer privaten Chatgruppe mit Kollegen in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann deshalb außerordentlich gekündigt werden. Nur im Ausnahmefall kann er sich hiergegen auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen. |
Außerordentliche Kündigung: Einzelne Kündigungsgründe Fristlose Kündigung wegen Äußerungen in einer Chatgruppe Kündigung nach Hetze bei WhatsApp |
Vermutungswirkung bei betriebsbedingter Kündigung in der Insolvenz nach Interessenausgleich mit Namensliste |
BAG, Urteil v. 17.8.2023, 6 AZR 56/23 |
Ist eine Betriebsänderung geplant und schließen der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, wird vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt ist (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit der Betriebsrat auf die unternehmerische Entscheidung Einfluss nehmen kann. |
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EuGH zu Sanktionen für Fehler bei Massenentlassungsanzeige: hier fehlende Zuleitung des Konsultationsschreibens an die Agentur für Arbeit führt nicht zur unwirksamen Kündigung |
EuGH, Urteil v. 13.7.2023, C-134/22 G GMBH |
Zur Einleitung des Konsultationsverfahrens muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über bestimmte Aspekte (z. B. Entlassungsgründe) schriftlich unterrichten. Eine Abschrift dieser Mitteilung muss der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit bereits vor der eigentlichen Massenentlassungsanzeige zuleiten (sog. Übermittlungspflicht, § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG). Ein Verstoß hiergegen macht die Kündigung nicht unwirksam. |
Anzeigepflichten des Arbeitgebers Massenentlassungsanzeige: Vom Schreckgespenst zum zahnlosen Tiger? |
Offene Videoüberwachung, Verwertungsverbot für den Kündigungsschutzprozess |
BAG, Urteil. v. 29.6.2023, 2 AZR 296/22 |
In einem Kündigungsschutzprozess besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht. |
Kein Verwertungsverbot für Videoaufzeichnungen im Kündigungsschutzprozess |
EuGH-Vorlage zur Überprüfung der Sanktionen für Fehler bei Massenentlassungsanzeige: Betriebsgröße falsch beurteilt |
BAG, Beschluss v. 11.5.2023, 6 AZR 157/22 (A) |
Eine Massenentlassungsanzeige muss erst ab einer bestimmten Betriebsgröße erfolgen. Hat ein Arbeitgeber die Betriebsgröße falsch beurteilt und deshalb keine Massenentlassungsanzeige erstattet, machte das bisher nach dem BAG die Kündigungen unwirksam. Diese Sanktion steht möglicherweise nicht im Einklang mit den europäischen Vorgaben zum Massenentlassungsschutz in der sog. Massenentlassungsrichtlinie (MERL). Diese Frage wurde dem EuGH in einem anderen Verfahren vorgelegt und deshalb dieses hier ausgesetzt (EuGH-Vorlage v. 27.1.2022, 6 AZR 155/21 (A)). |
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Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten, keine Maßregel |
BAG, Urteil v. 30.3.2023, 2 AZR 309/22 |
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Dafür bräuchte es eine Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmern und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Motiv der Kündigung war aber nicht die Weigerung der Arbeitnehmerin, sondern der Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor der Infektion. |
Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten |
Annahmeverzug bei fristloser Kündigung wegen nicht ernst gemeintem Beschäftigungsangebot des Arbeitgebers |
BAG, Urteil v. 29.3.2023, 5 AZR 255/22 |
Annahmeverzug liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Beschäftigungsangebot macht. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, weil er meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten, bietet aber gleichzeitig dem Arbeitnehmer "zur Vermeidung von Annahmeverzug" die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses an, verhält er sich widersprüchlich. In einem solchen Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist. |
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