Eine Anforderungsanalyse beginnt damit, für eine zu besetzende Stelle zu beschreiben, wie sich eine Person verhalten soll, wenn sie auf dieser Stelle erfolgreich arbeitet.
Ein Kreditorenbuchhalter wird zum Beispiel Eingangsrechnungen sorgfältig prüfen und die Zahlung ordnungsgemäß verbuchen. Ein Vertriebsmitarbeiter im Außendienst wird seine Besuche systematisch vorbereiten und im Gespräch den Kundenbedarf erfassen.
Diese Sammlung von sogenannten Verhaltensankern kann natürlich nicht vollständig alle Tätigkeiten der Stelle umfassen. Die Auswahl sollte nicht zufällig sein. Stattdessen sollte der Fokus auf den Situationen und Verhaltensweisen liegen, die eine Unterscheidung zwischen erfolgreichen Mitarbeitern und weniger erfolgreichen Mitarbeitern ermöglichen. Diese Beschreibung von Verhalten unterscheidet sich von einer bloßen Sammlung der Aufgaben. In letzterer wird nur aufgezählt, was die Person tun soll. Die Verhaltensbeschreibung zielt darauf ab, wie die Person diese Aufgaben erledigt. Diese Methode wird in der Eignungsdiagnostik die "Critical-Incident-Methode" genannt. Gesucht wird nach Situationen ("Incidents"), in denen dieser Unterschied beobachtet werden kann. Dazu ist nach wichtigen Stakeholdern rund um die zu besetzende Stelle zu fragen: Führungspersonen, Kollegen, interne und externe Kunden, weitere Personen, mit denen an dieser Stelle zusammenzuarbeiten ist.
Die genannten Situationen können sich direkt auf die Aufgaben beziehen, die die Person erledigen soll. Häufig werden aber auch Situationen im professionellen Miteinander geschildert, beispielsweise wie Kollegen Informationen intern weitergeben, wie sie sich in Meetings verhalten, wie sie anderen Personen begegnen. Die Arbeitshaltung einer Person kann sich in Verhaltensankern wie Auftreten am Arbeitsplatz, Arbeitsplanung, Umgang mit Misserfolgen etc. ausdrücken. Alle diese Verhaltensanker können in der Wahrnehmung der Stakeholder den Unterschied zwischen erfolgreicher und nicht erfolgreicher Zusammenarbeit ausmachen.
Ein gutes Gehör für die Zwischentöne ist notwendig, um immer wieder konkret nachzufragen, welche Situationen und welche Beobachtungen im Alltag diesen Unterschied ausmachen.
Am Ende erhält man eine Liste mit Situationen und dem möglichen Verhalten in dieser Situation und nennt erfolgreiches (gewünschtes) Verhalten und nicht gewünschtes Verhalten. Man kann auch Abstufungen mit einer Skala (zum Beispiel von "vorbildlich" über "erwartet" und "verbesserungswürdig" zu "nicht akzeptabel") erheben.