1 Öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis
1.1 Versicherungsrechtliche Beurteilung
Bei einer Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ist der Rechtsreferendar als zur Berufsausbildung Beschäftigter sozialversicherungspflichtig. Die Einnahmen aus dem Vorbereitungsdienst sind beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Da es sich um eine Berufsausbildung handelt, spielt die Höhe des Entgelts keine Rolle für die Beurteilung der Versicherungspflicht. Insbesondere gelten die Regelungen zum Minijob für diesen Personenkreis nicht.
1.2 Vorbereitungsdienst gilt als Hauptbeschäftigung
Der Vorbereitungsdienst gilt i. S. d. Sozialversicherung als Hauptbeschäftigung – schon aufgrund der zeitlichen Inanspruchnahme. Wegen der Einordnung als Berufsausbildung hat die Höhe des Entgelts keine Auswirkung auf die versicherungsrechtliche Beurteilung. Werden nebenher weitere Beschäftigungen ausgeübt, ist die übliche Beurteilung vorzunehmen. Das bedeutet, dass die erste neben dem Vorbereitungsdienst ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung (Minijob) versicherungsfrei bleibt. Weitere, für sich allein betrachtet geringfügig entlohnte Beschäftigungen werden mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sind daher (wieder ohne Rücksicht auf die Höhe des Entgelts) versicherungspflichtig.
Neben dem Vorbereitungsdienst, der eine Hauptbeschäftigung darstellt, ist eine wegen Kurzfristigkeit versicherungsfreie Beschäftigung möglich. Somit kann also eine befristete (Neben-) Beschäftigung von längstens 3 Monaten versicherungsfrei bleiben.
Landesrechtliche Bestimmungen prüfen
Ob und in welchem Umfang eine Nebenbeschäftigung beim Vorbereitungsdienst zulässig ist, richtet sich immer nach dem Landesrecht. Das sollte unbedingt vor Aufnahme einer solchen Beschäftigung abgeklärt werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
1.3 Besonderheit in der Rentenversicherung
In der Rentenversicherung besteht ggf. Versicherungsfreiheit, wenn den Rechtsreferendaren nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist.
Die Gewährleistung von Anwartschaften führt von Beginn des Monats an zur Versicherungsfreiheit, in dem eine Anwartschaft tatsächlich vertraglich zugesichert wurde.
2 Andere Ausbildungsstelle
Wird der Vorbereitungsdienst in einer anderen Ausbildungsstelle (z. B. in einer anderen Behörde oder einem privaten Unternehmen) durchgeführt, bleibt es dennoch bei der Arbeitgebereigenschaft des Dienstherrn. Das gilt grundsätzlich auch, wenn die andere Ausbildungsstelle eine zusätzliche Vergütung zahlt.
Zusätzliche Vergütung durch die andere Ausbildungsstelle
Dabei sind allerdings 2 Fallgestaltungen zu unterscheiden:
- Die zusätzliche Vergütung wird ohne Rechtsgrund, also im Rahmen und aufgrund des Ausbildungsverhältnisses gezahlt.
- Es handelt sich um eine gesonderte Vergütung für eine zusätzliche Leistung, die über das Ausbildungsverhältnis hinausgeht.
Im ersten Fall handelt es sich um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, die Beiträge sind vom eigentlichen Arbeitgeber zu zahlen. Auch die auf das zusätzliche Entgelt entfallenden Beiträge sind vom Land als eigentlichem Arbeitgeber (Dienstherren) zu zahlen. Ausgenommen sind die Rentenversicherungsbeiträge, wenn aufgrund einer Versorgungsanwartschaft Rentenversicherungsfreiheit besteht.
Im zweiten Fall werden Zahlungen für eine über das Ausbildungsverhältnis hinausgehende Tätigkeit geleistet. Daher liegt eine – zweite – grundsätzlich versicherungspflichtige Beschäftigung vor, in der die Ausbildungsstelle der Arbeitgeber ist. Für Beiträge und Meldungen ist die externe Ausbildungsstätte verantwortlich. Es besteht auch Rentenversicherungspflicht, da sich die Versorgungszusage des Landes nicht auf die Nebentätigkeit erstreckt. Da es sich hierbei nicht um ein Ausbildungsverhältnis handelt, kann eine geringfügige Beschäftigung vorliegen, wenn das daraus erzielte (zusätzliche) Entgelt regelmäßig nicht über der Geringfügigkeitsgrenze (seit 1.1.2024: 538 EUR) liegt.
Zusätzliches Arbeitsentgelt
Herr A ist Referendar und steht in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis mit der Stadt Hamburg. Diese hat die Ausbildung auf die Anwaltskanzlei B übertragen. Herr A erstellt – außerhalb der Ausbildung – als zusätzliche Arbeit für die Kanzlei ein aufwendiges Rechtsgutachten. Hierfür erhält er von der Kanzlei für die Monate Januar bis April ein zusätzliches monatliches Honorar von 600 EUR überwiesen.
Ergebnis: Die Zahlung des zusätzlichen Entgelts erfolgt nicht für die Ausbildung und berührt daher nicht das Verhältnis zum Land Hamburg. Vielmehr besteht für die Zeit von Januar bis April ein zusätzliches, zweites Beschäftigungsverhältnis mit der Anwaltskanzlei. Für das von dort gezahlte Entgelt gilt die Kanzlei als Arbeitgeber. Da das Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze liegt und keine Befristung auf nicht mehr als 3 Monate vorliegt, handelt es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Es besteht Versicherungspflicht zur Kranken-, Pfle...