Der Anwendungsbereich der ersten Tätigkeitsstätte ist weiter gefasst als der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte. Während der ortsgebundene Tätigkeitsmittelpunkt nur an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers begründet werden konnte, kann erste Tätigkeitsstätte auch eine betriebliche Einrichtung
- eines Konzernunternehmens (= verbundenes Unternehmen i. S. d. § 15 AktG) oder
- eines vom Arbeitgeber bestimmten fremden Dritten sein,
wenn der Arbeitnehmer diesem Einsatzort dauerhaft zugeordnet ist oder dort dauerhaft quantitativ tätig wird.
Entsendung, Outsourcing und Leiharbeit
Langfristige Tätigkeiten an betriebsfremden ortsfesten Einrichtungen, etwa bei einem Kunden des lohnsteuerlichen Arbeitgebers, können damit zu einer ersten Tätigkeitsstätte führen. Entsprechendes gilt für Entsendungen im Rahmen von Konzernunternehmen oder Outsourcing-Fällen sowie für den Einsatz von Zeitarbeitnehmern beim Entleiher, sofern es sich hierbei um dauerhafte Tätigkeiten an der fremden (nichtarbeitgebereigenen) Einrichtung im Sinne einer dauerhaften Zuordnung handelt.
Dauerhafte Zuordnung ist entscheidend
Es kommt jede betriebliche Einrichtung eines Dritten als erste Tätigkeitsstätte infrage, der ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dauerhaft zugeordnet ist, also aufgrund der zukunftsorientierten Betrachtungsweise dort
- unbefristet,
- für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
- für einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren eingesetzt werden soll.
Erste Tätigkeitsstätte beim Kunden
Ein EDV-Systemberater ist nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen mit seinem Arbeitgeber seit 10 Jahren ausschließlich für die EDV-Systembetreuung und -beratung der Chemie AG zuständig, die er arbeitstäglich von zu Hause aufsucht.
Ergebnis: Der mehrjährige Einsatz bei der Chemie AG führt zur ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers. Da eine dauerhafte Zuordnung zur betrieblichen Einrichtung des Kunden vorliegt, kann der Arbeitnehmer keine Reisekosten in Anspruch nehmen. Die Fahrtenkosten unterliegen den Regeln der Entfernungspauschale. Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ist ausgeschlossen.
Sofern dem Arbeitnehmer ein Firmenwagen zur Verfügung steht, löst dies einen geldwerten Vorteil für die Fahrten zum Kunden aus, der sich bei der 1-%-Methode mit 0,03 % des inländischen Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer berechnet.
Gestaltungsspielraum nutzen
Entsprechend der gesetzlichen Zielsetzung bietet der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die steuerlich günstigere Behandlung als berufliche Auswärtstätigkeit fortzuführen. Im Rahmen seines Direktionsrechts hat er es in der Hand, die eigene Firma im Wege der arbeitsrechtlichen Zuordnung als erste Tätigkeitsstätte festzulegen, sofern der Arbeitnehmer dort von Zeit zu Zeit Tätigkeiten – also wenigstens in geringem Umfang – ausübt, auch wenn diese im Vergleich zur Arbeitsleistung beim Kunden von untergeordneter Bedeutung sind (Vorrang der arbeitsrechtsrechtlichen Festlegung).
Durch das Prinzip der primär arbeitsrechtlich bestimmten Definition der ersten Tätigkeitsstätte würde der Arbeitnehmer in obigen Beispielsfall für die gesamte Einsatzdauer von mehr als 10 Jahren unter die Reisekostenregelungen fallen. Für die Verpflegungskosten ist allerdings die gesetzliche 3-Monatsfrist zu beachten. Bei der Firmenwagenüberlassung liegt insoweit kein geldwerter Vorteil vor.
Ausdehnung der ersten Tätigkeitsstätte auf Einrichtungen des Dritten
Die Ausdehnung des Arbeitsstättenbegriffs, wonach als erste Tätigkeitsstätte nicht nur eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, sondern auch andere (= betriebsfremde) ortsfeste Einrichtungen in Betracht kommen, führt zu einem Rückgang der reisekostenrelevanten Sachverhalte. Da der Einsatz beim Kunden in diesen Fällen keine berufliche Auswärtstätigkeit mehr darstellt, kann der Arbeitnehmer für die Arbeit an diesen Einsatzorten auch keine Reisekosten erhalten. Die Fahrten zum Arbeitsort fallen unter die Regeln der Entfernungspauschale, für die ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ausgeschlossen ist.
Dauerhafte Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte beim Dritten
Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte führt folgerichtig dazu, dass die einschränkenden Regelungen der Entfernungspauschale bei Einsätzen an arbeitgeberfremden Einrichtungen ausschließlich für den Fall zutreffen, dass der Arbeitnehmer bereits bei Beschäftigungsantritt von einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten Arbeitsstätte bei dem Dritten ausgehen kann. Nur unter dieser Voraussetzung ist die begrenzte Abzugsfähigkeit von beruflichen Mobilitätskosten sachgerecht, da es dem Arbeitnehmer nur insoweit möglich ist, sich auf die immer gleichen arbeitstäglichen Wege durch entsprechende (kostensparende) Maßnahmen einzurichten.
Entscheidend hierfür ist allein die arbeitsrechtliche oder alternativ die zeitlich orientierte Zuordnung, die unbefristet für die gesamte Beschäftigungsdauer oder für einen Zeitraum von mehr als...