Rz. 5
Abs. 1 regelt die Anrechnung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit während der Zeit, für die dem Arbeitnehmer Qualifizierungsgeld zusteht. Der Gesetzgeber hat bei der Wortwahl zu der Vorschrift das Zustehen von Qualifizierungsgeld gewählt und damit zum Ausdruck gebracht, dass es dabei auf den gesetzlich bestimmten Anspruch ankommt. Dem Arbeitnehmer steht Qualifizierungsgeld zu, wenn die dafür in § 82a bestimmten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. In der Verwaltungspraxis muss dieser Anspruch auch festgestellt sein. Das Zustehen von Qualifizierungsgeld ergibt sich allerdings nicht von vornherein und ohne Weiteres. Denn die Leistung ist anders als beim Arbeitslosengeld vom Arbeitgeber (schriftlich) wie auch das Kurzarbeitergeld zu beantragen, und der Arbeitgeber hat der Agentur für Arbeit mit dem Antrag und auf Verlangen die Voraussetzungen für die Erbringung von Qualifizierungsgeld nachzuweisen. Zudem hat der Arbeitgeber die Leistung kostenlos zu errechnen und nach Bewilligung durch die Agentur für Arbeit auszuzahlen. Aus dieser Bewilligung ergibt sich jedoch folgerichtig das Zustehen von Qualifizierungsgeld.
Rz. 6
Das in den §§ 320, 323 beschriebene Verfahren legt nahe, dass der Arbeitgeber auch die Anrechnungsregel des Abs. 1 zu beachten hat. Die ggf. erforderliche Berücksichtigung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist demnach von ihm zu errechnen und der Agentur für Arbeit eine entsprechende leistungsrechtliche Änderung anzuzeigen. Die dem Arbeitnehmer zustehende Leistung wird vom Arbeitgeber selbst nicht gekürzt, es sei denn, dies ergäbe sich aus der Bewilligung der Agentur für Arbeit nach § 320 Abs. 1a Satz 2.
Rz. 7
Eine Anrechnung von Einkommen auf den zustehenden Anspruch auf Qualifizierungsgeld nach Abs. 1 kommt nur in Betracht, wenn das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers resultiert. Erwerbstätig sind Personen, die als Arbeitnehmer oder Selbständige bzw. mithelfende Familienangehörige eine auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Arbeit ausüben. Als Berechtigter auf Qualifizierungsgeld liegt stets Arbeitnehmereigenschaft vor, bei der Prüfung einer Erwerbstätigkeit nach Abs. 1 Satz 1 kommt gleichwohl daneben auch eine Tätigkeit als selbständige Person oder als mithelfender Familienangehöriger in Betracht. Darin liegt kein Widerspruch.
Rz. 8
Für die richtige Berechnung eines evtl. Anrechnungsbetrages kommt es häufig darauf an, nach selbständiger Tätigkeit bzw. solcher als mithelfender Familienangehöriger und einer Beschäftigung als Arbeitnehmer zu unterscheiden. Das ergibt sich aus Abs. 1 Satz 2, denn dort werden unterschiedliche Berechnungen vorgegeben.
Rz. 9
Arbeitnehmer sind in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen erwerbstätig (vgl. § 7 ff. SGB IV). Der Begriff der selbständigen Tätigkeit wird im SGB jedoch nicht definiert. Daraus folgt, dass eine selbständige Tätigkeit im Umkehrschluss nur dann vorliegt, wenn eine abhängige Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeschlossen wird. Eine abhängige Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, also regelmäßig des Arbeitgebers. Weder in § 7 SGB IV noch in den weiteren speziellen gesetzlichen Vorschriften über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung, also auch der Arbeitsförderung, werden die im Regelfall für das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Versicherungspflicht maßgeblichen Abgrenzungsmerkmale einer abhängigen Beschäftigung näher definiert (vgl. §§ 24 ff.). Für die Beurteilung muss daher die Rechtsprechung herangezogen werden, durch die die Merkmale einer Beschäftigung und diejenigen einer selbständigen Tätigkeit sowie die Grundsätze, nach denen die festgestellten Tatsachen gegeneinander abzuwägen sind, umfassend entwickelt wurden.
Rz. 10
Zusammengefasst sprechen für eine selbständige Tätigkeit der Grad der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, das Tragen eines unternehmerischen Risikos und die Wahrnehmung unternehmerischer Chancen. Zu den typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns gehört u. a., dass Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung statt im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers erbracht werden, sowie die eigenständige Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufspreise, Warenbezug, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und eigener Maschinen, Zahlungsweise der Kunden, Art und Umfang der Kundenakquisition, Art und Umfang von Werbemaßnahmen und Einsatz der eigenen Arbeitskraft und Arbeitszeit. Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens kann der Erwerbsstatus nach Maßgabe des § 7a SGB IV geklärt werden (vgl. die Komm. dort).
Rz. 11
Von Abs. 1 betroffen sind nur Erwerbstätigkeiten, die in der Zeit ausgeübt werden, in der das Qualifizierungsgeld zusteht. Erwerbstätigkeit und zustehendes Qualifizierungsgeld müssen also zeitlich übereinstimmen. Dagegen kommt es nicht darauf ...