Rz. 13
Bewilligt der Rentenversicherungsträger Übergangsgeld wegen einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation bzw. eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, hat die Bundesagentur für Arbeit gemäß Abs. 3 Satz 1 gegen ihn einen gesetzlichen Erstattungsanspruch (§ 103 SGB X) für die Überschneidungszeiten, in Fällen der Rentenzuerkennung aufgrund voller Erwerbsminderung trotz mehr als kurzzeitigem Leistungsvermögen aufgrund des § 156 Abs. 2 Satz 2. Der Erstattungsanspruch schließt Beiträge zur Sozialversicherung ein. Durch § 101 Abs. 1a SGB VI ist zwischenzeitlich sichergestellt, dass keine Leistungslücken zwischen Alg, Krankengeld und Rente entstehen.
Rz. 14
Hat der Rentenversicherungsträger bereits mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen geleistet, richtet sich der Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosen. Damit wird der Grundsatz der Vermeidung von Doppelversorgungen beibehalten. Befreiende Wirkung liegt insbesondere vor, wenn der Rentenversicherungsträger keine Kenntnis von den Leistungen der Arbeitsverwaltung nach § 145 hatte. Hatte der Rentenversicherungsträger keine Kenntnis von der Bewilligung von Alg, hat die Agentur für Arbeit bei rückwirkender Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung einen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosen, ansonsten steht die Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X einem Erstattungsanspruch entgegen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 22.3.2012, L 1 AL 39/11). Das schließe auch eine Rücknahme oder Aufhebung nach den §§ 45, 48 SGB X aus. Der Agentur für Arbeit stehe auch kein Wahlrecht darüber zu, auf einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger zu verzichten und sich stattdessen an den Arbeitslosen zu halten.
Rz. 15
Rechtserhebliche Kenntnis (§ 103 Abs. 1 SGB X) soll bestehen, wenn der erstattungspflichtige Leistungsträger aufgrund der ihm mitgeteilten Tatsachen rechtlich auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X hinweisen und gegenüber dem Leistungsberechtigten die Leistung verweigern darf (und somit dem Erstattungsbegehren des berechtigten Trägers nachkommen kann, LSG Sachsen, Urteil v. 27.9.2012, 3 AL 223/10). Ein Fall der fehlenden Kenntnis liege nicht vor, wenn ein Leistungsträger trotz positiver Kenntnis von den Leistungen des anderen Trägers gegenüber diesem aufgrund fehlerhaften Verwaltungshandelns eines Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht hat. Wird der Erstattungsanspruch erfüllt, wird der Anspruch auf Alg insoweit nicht gemindert. Auch insoweit unterscheidet sich das Alg nach der Nahtlosigkeitsvorschrift nicht von dem regulären Alg.
Rz. 16
In Fällen des Bezuges von Alg nach dem SGB III und ergänzenden aufstockenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ohne Erwerbsfähigkeit ist der Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit gegenüber dem Leistungsträger nach dem SGB II vorrangig, wenn rückwirkend eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus allein medizinischen Gründen bewilligt wird (BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 13 R 11/11 R). Das Jobcenter kann nach rückwirkender Bewilligung einer solchen Rente keine Erstattung verlangen, wenn es bei rechtzeitiger Rentengewährung Sozialgeld in zumindest gleicher Höhe hätte leisten müssen (BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 13 R 9/12 R). Kann eine Erstattung der Hauptleistung nicht verlangt werden, besteht danach auch kein Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Rz. 17
Der Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit ist nicht auf die Differenz zweier Renten beschränkt, wenn einem Arbeitslosen bei Bezug von Rente für Bergleute rückwirkend eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt wird (BSG, Urteil v. 7.9.2010, B 5 KN 4/08 R). Aus den einschlägigen Vorschriften des Rentenrechts lässt sich danach eine Begrenzung der Erstattungsansprüche nicht herleiten. Die maßgebenden Regelungen beziehen sich nur auf den Rentenzahlungsanspruch (nur eine – die höchste – Rente bei mehreren Rentenansprüchen aus einer Versicherung) und nicht auf den Anspruch auf Rente dem Grunde nach.