Rz. 3
Berufsorientierung soll nach der Gesetzesbegründung zum Arbeitsförderungsreformgesetz lediglich der gebräuchlichere Begriff gegenüber der zuvor verwendeten Berufsaufklärung sein. Orientierung weist indes schon mehr als bloße Aufklärung auf ein Ziel hin, der Gesetzgeber hat eine Konkretisierung vorgenommen und den davon betroffenen Personenkreis konkret benannt.
Rz. 4
Die Agentur für Arbeit soll vorbereiten und unterrichten. Die Vorbereitung bezieht sich auf die mehr oder weniger kurzfristig bevorstehende, vom Jugendlichen oder Erwachsenen zu treffende Berufswahlentscheidung. Berufsorientierung muss also so lange, so breit und so intensiv alle relevanten Kenntnisse vermitteln, dass die betroffene Person für die Berufswahlentscheidung vorbereitet ist, sie also ohne weitere Hilfestellung eigenverantwortlich treffen kann. Kenntnisse über die Gegenstände nach Satz 2 gehören zur Vorbereitung, sie müssen aufgenommen und möglichst gut für die Berufswahlentscheidung verarbeitet worden sein.
Rz. 5
Die Unterrichtung kommt dagegen eher einer Information über die Gegenstände nach Satz 2 gleich. Der Gesetzgeber nimmt dabei nicht die klassische Berufswahlentscheidung nach Satz 1 Nr. 1 in den Blick (erstmalige Entscheidung eines Jugendlichen, einen bestimmten Beruf erlernen und später ausüben zu wollen), sondern Arbeitnehmer und Arbeitgeber allgemein sowie den Personenkreis, der gerade nach einer Ausbildung oder Arbeit sucht. Hier kommt die Unterrichtung der Aufklärung vergleichsweise nahe.
Rz. 6
Satz 2 enthält eine erhebliche Überschneidungsmenge mit den Beratungsinhalten der Berufsberatung nach § 30, insbesondere die Berufswahl. Die berufliche Entwicklung und die berufliche Bildung.
Rz. 7
Die Berufsorientierung i. S. v. Satz 1 Nr. 1 ist als Vorstufe der Berufsberatung zu verstehen. Bei dem Adressatenkreis nach Satz 1 Nr. 2 kann sich aus der Orientierung jederzeit eine Berufsberatung i. S. v. § 30 ergeben, insbesondere bei dem Kreis der Ausbildung- und Arbeitsuchenden. Bei Arbeitnehmern kann ein Entschluss zur Berufswahl oder zum Berufswechsel reifen, was ebenfalls eine Berufsberatung folgen lassen kann. Lediglich bei Arbeitgebern ist nicht mit einer nachfolgenden Berufsberatung zu rechnen, diesem Personenkreis steht die Arbeitsmarktberatung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung (vgl. § 34).
Rz. 8
Berufsorientierung kann als Prozess angesehen werden, in dessen Verlauf Kompetenzen der Jugendlichen und Erwachsenen, aber auch die Interessen und Ziele offengelegt werden und auf die Anforderungen aus der Arbeitswelt stoßen. Bei diesem Abstimmungsprozess kann die Berufsorientierung entscheidend unterstützen. Die Bedeutung der Berufsorientierung erklärt sich auch daraus, dass trotz eines erheblich günstiger für die Jugendlichen ausfallenden Verhältnisses von Ausbildungsuchenden zu angebotenen Ausbildungsstellen der Anteil der Jugendlichen in etwa gleich bleibt, der sich erfolglos um einen Ausbildungsplatz bewirbt. Wichtige Bestandteile eines Berufsorientierungsprogrammes sind daher Kompetenzfeststellungen, insbesondere von Schlüsselkompetenzen, und betriebliche Praktika.
Rz. 9
Die Bundesagentur für Arbeit selbst gliedert die Berufsorientierung in die Zielgruppen am Übergang Schule–Beruf, junge Flüchtlinge, Hochschularbeit und Arbeitsvermittlung. Im Mittelpunkt steht stets ein realistisches Bild von der Arbeitswelt und von Berufen. Entscheidungskriterien sind die Qualifikationen, die als Schlüsselqualifikationen für die Berufswahl gelten, etwa Orientierung, Erkundung und Beurteilung der eigenen Interessen und Fähigkeiten einerseits und der Anforderungen andererseits, der beruflichen Möglichkeiten sowie der Chancen und Risiken auf dem Arbeitsmarkt. Die Berufswahl soll selbstständig geplant und organisiert werden, Teamfähigkeit bei der Auseinandersetzung mit den Berufswahlpartnern muss erlernt werden, ebenso Flexibilität in Bezug auf berufliche Alternativen sowie die Kompetenz zur Realisierung einer getroffenen Berufswahl. Im Idealfall liegt dem die Motivation und das Engagement zugrunde, die bestmögliche schulische und berufliche Qualifikation zu erreichen.
Rz. 10
Berufsorientierung ist ergebnisoffen. Es ist nicht Aufgabe der Agentur für Arbeit, den betroffenen Personenkreis zu lenken. Eine umfassende Unterrichtung hat deshalb anhand von ausgewählten, neutralen Materialien zu erfolgen, die zielgruppenspezifisch aufzubereiten sind.
Rz. 11
Satz 2 enthält eine abschließende Aufzählung der Themenkreise, die allesamt auf berufsbezogene Informationen fokussieren. Fragen der Berufswahl beschränken sich nicht auf abhängige Beschäftigungen, die naturgemäß der Arbeitslosenversicherung besonders nahestehen. Selbstständige Tätigkeiten oder Tätigkeiten als Beamter, Richter oder Soldat werden ebenfalls einzubeziehen sein. Die sich orientierenden Personen sollen die Qualifikationen dafür erwerben, die richtige Berufswahl anhand der entscheidungserheblichen Kriterien zu treffen. Der Themenkreis der Berufe mit ihren Anforderungen und Aussichten ...