0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Der Inhalt der Vorschrift wurde mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter (SchwbBAG) v. 29.9.2000 (BGBl. I S. 1394) mit Wirkung zum 1.10.2000 als § 235a a.F. neu in das SGB III eingefügt.
Rz. 2
Als zusätzlicher Fördertatbestand wurde auch die bisherige zusätzliche Förderung bei der Einstellung schwerbehinderter Menschen zur betrieblichen Aus- oder Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit aus Ausgleichsabgabemitteln in das SGB III übernommen. Dies dient der Verwaltungsvereinfachung und der besseren Transparenz. Aufgrund der mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) vollzogenen Neustrukturierung der Eingliederungszuschüsse (vgl. §§ 217 bis 222) wurde die Vorschrift in Abs. 3 redaktionell angepasst. § 235a a. F. ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917) zum 1.1.2009 in Abs. 2 Satz 1 geändert worden. Die Vorschrift ist durch Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 geändert worden. Dabei ist der Inhalt von § 235a und 236 a. F. in § 73 überführt worden. Zuletzt ist § 73 durch Art. 5 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2018 geändert worden. Dabei ist in Abs. 1 der Bezug von § 104 auf § 187 SGB IX geändert worden und insofern nur eine redaktionelle Anpassung an die neue Paragrafenfolge des SGB IX erfolgt.
1 Allgemeines
Rz. 3
Angesichts der seit Jahren überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen sah sich der Gesetzgeber verpflichtet, das spezifische Instrumentarium zur Eingliederung behinderter Menschen zu verbessern und weiterzuentwickeln. Erklärtes Ziel war es dabei, die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten in den nächsten 2 bis 3 Jahren um ca. 50.000 zu verringern (vgl. BT-Drs. 14/3372). Mit dem SGB IX v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) ist die Vorschrift zum 1.7.2001 redaktionell angepasst worden.
Rz. 4
Der Gesetzgeber verfolgt mit der gesetzlichen Bindung der Verwendung der Mittel der Ausgleichsabgabe eine stärker arbeitsmarktorientierte Ausrichtung der beruflichen Eingliederung schwerbehinderter Menschen. Die Bundesagentur für Arbeit erhält zu diesem Zweck deutlich höhere Zuweisungen aus dem Ausgleichsfonds. Die Gewährung von Leistungen nach § 73 ist kein sachlicher Grund, der eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt (LAG Köln, Urteil v. 15.8.2007, 8 Sa 107/07).
2 Rechtspraxis
2.1 Fördervoraussetzungen (Abs. 1)
Rz. 5
Nach Abs. 1 können Arbeitgeber für die betriebliche Aus- oder Weiterbildung von schwerbehinderten Menschen i. S. v. § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e SGB IX durch Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung oder vergleichbaren Vergütungen gefördert werden, wenn die Ausbildung sonst nicht zu erreichen ist. Der Begriff Arbeitgeber ist gesetzlich nicht definiert. Es gibt als der allgemeine Arbeitgeberbegriff. Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt. Unter den Arbeitgeberbegriff fallen auch Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke (Kloster, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 73 Rz. 7). Den Anspruch nach § 73 können nur Arbeitgeber geltend machen (Utz, in: BeckOK, SGB III, § 73 Rz. 2; Kühl, in: Brand, SGB III, § 73 Rz. 4; Kloster, a. a. O.; Reinhard, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 73 Rz. 3). Der behinderte Arbeitnehmer selbst ist nicht anspruchsberechtigt (LSG Hamburg, Urteil v. 14.6.2017, L 2 AL 7/17; Bay. LSG, Beschluss v. 26.10.2015, L 10 AL 235/15 B ER).
Rz. 6
Schwerbehinderte i. S. v. § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e SGB IX sind schwerbehinderte Menschen, die zur Aus- oder Weiterbildung eingestellt worden sind. Voraussetzung ist ein Grad der Behinderung von 50 %. Auch eine Förderung der Aus- und Weiterbildung von den schwerbehinderten Menschen Gleichgestellten ist über § 73 möglich. Für die Zuschussgewährung ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber der Beschäftigungspflicht nach § 155 SGB IX unterliegt. Besteht eine Beschäftigungspflicht, kann der bezuschusste schwerbehinderte Arbeitnehmer auf die Pflichtquote nach dem SGB IX angerechnet werden.
Rz. 7
Die Förderung ist nicht auf anerkannte Ausbildungsberufe beschränkt (Utz, in: BeckOK, SGB III, § 73 Rz. 3). Förderungsfähig sind auch andere betriebliche Formen der Aus- und Weiterbildung, wie z. B. Umschulungen oder Fortbildungen (Kühl, in: Brand, SGB III, § 73 Rz. 5). Gefördert werden kann auch ein bloßes Anlernen (Kühl, a.a.O; Knickrehm, jurisPK-SGB III, § 73 Rz. 15; Nebe, in: Gagel, SGB III, § 73 Rz. 10; a. A. Kloster, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 73 Rz. 9). Praktika und oder eine Ausbildung in schulischer Form sind nicht über § 73 förderbar (Utz, a. a. O., Rz. 4). Allerdings ist die Förderung nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf die betriebliche Aus- und Weiterbildung beschränkt. Der Berei...