1 Rechtsentwicklung/Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift wurde mit Wirkung ab 1.1.2004 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) inhaltsgleich unter Berücksichtigung der neuen Gliederung der Eingliederungszuschüsse aus dem damaligen bis Ende 2003 gültigen § 223 übertragen. Mit dem Job-AQTIV-Gesetz v. 10.12.2001 (BGBl. I S. 3443) wurden die Vorschriften zur Eingliederung von Arbeitnehmern zum Teil neu gefasst. Die danach vorgesehene Neueinfügung des "Eingliederungszuschusses für jüngere Arbeitnehmer" ab 1.1.2004 ist jedoch durch die mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vollzogene Neufassung der Eingliederungszuschüsse hinfällig geworden. Die jetzige Fassung der Vorschrift resultiert aus Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854). Die Vorschrift ist zum 1.4.2012 in Kraft getreten und wurde geschlechtsneutral formuliert, Abs. 2 Nr. 5 wurde ergänzt. Sie entspricht dem Regelungsgehalt von § 221 a. F.
2 Rechtspraxis
2.1 Ausschluss der Förderung (Abs. 1)
Rz. 2
Die Vorschrift soll missbräuchliche Inanspruchnahme der Eingliederungszuschüsse verhindern und dazu beitragen, Arbeitslose dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. In Abs. 1 werden 2 Tatbestände normiert, bei dessen Vorliegen ein Ausschluss der Förderung folgt. Die Aufzählung der Ausschlusstatbestände ist abschließend (Brandts, in: Niesel/Brand, SGB III, § 221 Rz. 4).
Rz. 3
Abs. 1 Nr. 1 soll verhindern, dass ein Arbeitgeber andere Arbeitnehmer, die nicht gefördert werden können, entlässt, um einen Eingliederungszuschuss für einen neu Eingestellten zu erhalten. Die Förderung ist schon dann ausgeschlossen, wenn hinreichende Anhaltspunkte eine Vermutung in diese Richtung zulassen. Da nur in seltenen Fällen die Arbeitsverwaltung den Beweis erbringen kann, dass ein Arbeitgeber die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten, wird für den Förderungsausschluss die Vermutung als ausreichend angesehen. Erforderlich für das Eingreifen von Nr. 1 ist, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Einstellung gegeben ist. Die Form der Veranlassung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist unerheblich. In Betracht kommt neben der Kündigung also auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Kühl, in: Brand, SGB III, § 92 Rz. 3).
Rz. 4
Ziel von Abs. 1 Nr. 1 ist es, der Entlassung von nicht förderbaren Arbeitnehmern vorzubeugen. Unter Abs. 1 Nr. 1 fällt primär die arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses, aber auch die durch den Arbeitgeber veranlasste einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Aufhebungsvertrag). Nach der Gesetzesformulierung "… um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten" muss die arbeitgeberseitige Kündigung zielgerichtet sein. Erforderlich ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung des einen und der Beschäftigung des anderen, förderungsfähigen Arbeitnehmers (Heinz, in: NK-SGB III, § 221 Rz. 15). Die Voraussetzungen von Abs. 1 Nr. 1 sind nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber lediglich versucht, das Beschäftigungsverhältnis eines anderen Arbeitnehmers zu beenden, die Kündigung im Ergebnis jedoch nicht wirksam wird (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 23.8.2016, L 11 AS 665/14). Vielmehr setzt Nr. 1 seinem Wortlaut nach die tatsächliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eines anderen Arbeitnehmers voraus.
Rz. 5
Für den Förderungsausschluss nach Abs. 1 Nr. 1 ist kein Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der Beendigung des einen Arbeitsverhältnisses und Absicht des Arbeitgebers, einen Eingliederungszuschuss zu erhalten, erforderlich. Motiv für die Entlassung des Arbeitnehmers muss es sein, durch die Neueinstellung einer förderungsberechtigten Person einen Eingliederungszuschuss zu erhalten (Winkler, in: Gagel, SGB III, § 92 Rz. 7). Ausreichend sind hinreichende Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Vermutung. Die Vorschrift enthält insofern eine Beweiserleichterung. Ausreichend ist ein geringer Grad der Sicherheit als derjenige, der üblicherweise bei der Feststellung von Tatsachen vorliegen muss. Allerdings rechtfertigt der nicht näher konkretisierte Verdacht, der Arbeitgeber könne einen Arbeitnehmer entlassen, um die Förderung in Anspruch zu nehmen, noch nicht den Förderausschluss nach Abs. 1 Nr. 1.
Rz. 6
Bei Abs. 1 Nr. 1 handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung. Für den Arbeitgeber steht also der Beweis des Gegenteils offen (Kühl, in: Brand, SGB III, § 92 Rz. 3; Böttiger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 92 Rz. 6; Winkler, in: Gagel, SGB III, § 92 Rz. 7; Heinz, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 92 Rz. 17; a. A. Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 92 Rz. 16), in dem er beispielsweise andere berechtigte Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darlegt. Die Beweislast für die Widerlegung der Vermutungswirkung nach Abs. 1 Nr. 1 trifft den Arbeitgeber.
Rz. 7
Der Förderungsausschluss nach Ab...