Rz. 10
Nach Abs. 4 Satz 1 haben die Werkstätten für behinderte Menschen die Verpflichtung, die gesetzlichen Vertreter oder die mit der Betreuung Beauftragten in einer jährlichen Eltern- und Betreuerversammlung in angemessener Weise über die Angelegenheiten der Werkstatt im Zusammenhang mit den Fragen der Mitwirkung zu unterrichten und die Versammlung anzuhören. Die frühere Einschränkung, die sich ausschließlich auf die Beschäftigten im Arbeitsbereich der Werkstätten bezog, ist in Satz 1 nicht mehr enthalten. Dies stellt sicher, dass auch die gesetzlichen Vertreter und Betreuer derjenigen behinderten Menschen, die an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich teilnehmen, in der Eltern- und Betreuerversammlung zu unterrichten und anzuhören sind. Dies ist gerechtfertigt, weil diese behinderten Menschen zu ihrer Interessenvertretung eine eigene Vertretung wählen können (§ 52), und solange dies nicht geschehen ist, die Interessen dieser Menschen durch den Werkstattrat mitvertreten werden. Damit sind die Fragen der Mitwirkung auch für die Eltern und Betreuer dieser behinderten Menschen von Interesse. Mit der Änderung des § 139 in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zum 30.12.2016 (Art. 2 BTHG) haben die Werkstatträte seitdem nicht nur Mitwirkungsrechte, sondern in besonders wichtigen Angelegenheiten, in denen bis dahin ebenfalls nur Mitwirkungsrechte bestanden, Mitbestimmungsrechte. Diese Angelegenheiten sind in der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung aufgeführt (§ 5 Abs. 2). Deshalb ist Abs. 4 Satz 1 in der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung wie in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung des § 139 Abs. 4 Satz 1 weiterhin missverständlich formuliert. Die Unterrichtungsrechte der Eltern und Betreuer beschränken sich, auch wenn in der Vorschrift wie bisher nur die Angelegenheiten, auf die sich die Mitwirkung erstreckt, genannt sind, nicht mehr nur auf diese Angelegenheiten, sonder naturgemäß auch auf die Angelegenheiten, auf die sich die Mitbestimmung erstreckt. Auch in diesen Angelegenheiten haben die Versammlungen ein Anhörungsrecht.
Rz. 11
Ein eigenes Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrecht ist den gesetzlichen Vertretern und Betreuern der behinderten Menschen nicht eingeräumt. Der Gesetzgeber ist im Jahre 1996 bei der gesetzlichen Regelung des § 54 c SchwbG davon ausgegangen, dass ein solches Recht mit dem Recht der behinderten Menschen auf eine möglichst hohe Selbständigkeit und dabei auf eigenständige Interessenvertretung kollidiert. Der Gesetzgeber trägt der Tatsache Rechnung, dass es in einer Vielzahl von Werkstätten bereits Eltern- und Betreuervertretungen auf freiwilliger Grundlage gibt. Diese werden in Abs. 4 Satz 2 dadurch auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, dass in den Werkstätten ein Eltern- und Betreuerbeirat errichtet werden kann. Hierzu ist allerdings das Einvernehmen mit dem Werkstattträger erforderlich. Kann ein solches nicht hergestellt werden, kann in der betreffenden Werkstatt ein Beirat nicht errichtet werden. Aufgabe der Eltern- und Betreuerbeiräte ist es, die Werkstatt bei ihrer Arbeit zu unterstützen, Stellungnahmen abzugeben und Vorschläge zu unterbreiten. Diese Aufgabenbeschreibung ist abschließend. Weitergehende Rechte der Beiräte gibt es nicht, insbesondere keine eigenen Mitwirkungsrechte.