Rz. 20
§ 26 Abs. 2 Nr. 2 hat das Ziel, durch Gemeinsame Empfehlungen sich bereits im Frühstadium abzeichnende, zukünftige Beeinträchtigungen (gesundheitliche Barrieren) zu erkennen. Dadurch kann dem Fortschreiten gesundheitsgefährdender Prozesse, die durch chronische Erkrankungen und gleichzeitige gesundheitsbelastende Kontextfaktoren begünstigt werden, entgegengewirkt werden.
§ 26 Abs. 2 Nr. 2 korrespondiert mit Nr. 1 (Rz. 14 ff.). Während sich allerdings die Nr. 1 auf die Eignung und Wirksamkeit von Präventionsleistungen zur Vermeidung einer Behinderung bzw. zur Verhütung einer Verschlimmerung bezieht, befasst sich die Nr. 2 mit der Zielgruppe sowie mit der Weise (Ausführung, Art, Form, Dauer) von präventiven Teilhabeleistungen. Schwerpunkt ist bei Nr. 2, eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern – und das zu einem möglichst frühen Zeitpunkt.
"WEB-Reha" der DRV Rheinland und der DRV Westfalen
Bei der "WEB-Reha" handelt es sich um eine Kooperation der DRV Rheinland und DRV Westfalen mit den Werks- und Betriebsärzten in Nordrhein-Westfalen. Ziel ist, einen individuellen Rehabilitationsbedarf von Erwerbstätigen früh zu erkennen und die Rehabilitation in einen engen Bezug zu den tatsächlichen Arbeitsplatzanforderungen zu stellen.
Angestoßen wird die WEB-Reha von dem Werks-/Betriebsarzt, der die Arbeitsanforderungen und Rehabilitationsbedürftigkeit des Arbeitnehmers kennt und den jeweiligen Arbeitnehmer fragt, ob er an einer entsprechenden Präventionsleistung des Rentenversicherungsträgers interessiert ist. Ist dieses der Fall, wird vom Werks- bzw. Betriebsarzt über das Internet (Fundstelle: Rz. 77) der Rehabilitationsantrag gestellt. Der Werks- bzw. Betriebsarzt legt dann dem Antrag seinen ärztlichen Befundbericht oder sein ärztliches Gutachten (auch hier mittels standardisierter Formulare) bei. Mit Einverständnis des Beschäftigten wird eine Kopie an den Hausarzt gesandt. Ein Anforderungsprofil zum aktuellen Arbeitsplatz hilft den Fachärzten in der Reha-Klinik, die Rehabilitationsmaßnahme arbeitsplatzbezogen zu gestalten.
Wie bei jeder anderen Rehabilitationsleistung entscheidet der Rentenversicherungsträger nach Beendigung der Rehabilitationsleistung, ob Nachsorgeleistungen oder weitere Maßnahmen (z. B. Intensivierte Rehabilitationsnachsorge – IRENA – oder stufenweise Wiedereingliederung oder Inanspruchnahme weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) notwendig sind. Diese Feststellungen werden dem Werks- bzw. Betriebsarzt mitgeteilt, sodass der Beschäftigte nach Beendigung der Rehabilitation "nahtlos" vom Werks- bzw. Betriebsarzt weiter betreut werden kann. Ca. 6 Monate nach Abschluss der Rehabilitationsleistung bittet der Rentenversicherungsträger den Werks- bzw. Betriebsarzt, eine Stellungnahme zur Nachhaltigkeit der Rehabilitationsleistung abzugeben.
Nach § 10 Abs. 3 der Gemeinsamen Empfehlung "Reha-Prozess" (vgl. Rz. 5) sind Leistungen zur Teilhabe angezeigt, wenn eine individuelle Rehabilitationsbedürftigkeit und Rehabilitationsfähigkeit festgestellt ist und sich ein Rehabilitationsziel mit positiver Rehabilitationsprognose konkretisieren und formulieren lässt. Rehabilitationsbedürftigkeit besteht, wenn infolge einer Schädigung der Körperfunktionen und -strukturen und/oder Beeinträchtigungen der Aktivitäten unter Berücksichtigung von Umweltfaktoren und der auf die jeweilige Person bezogenen Faktoren (Alter, persönliche Einstellungen usw.) die Teilhabe an den Lebensbereichen (vgl. Rz. 71) bedroht oder beeinträchtigt ist.
Rz. 21
Nach § 7 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung "Prävention" ist der Präventionsbedarf in einem frühestmöglichen Stadium zu identifizieren. Die Rehabilitationsträger und Integrationsämter unterstützen in Abstimmung untereinander und mit den anderen Beteiligten die Fortentwicklung, Verbreitung und Nutzung bestehender Instrumente und Frühwarnsysteme, die Prognosen über die Entstehung und den Verlauf chronischer Erkrankungen und Behinderungen ermöglichen, z. B.
- Screening-Verfahren (z. B. Fragebögen),
- Work Ability Index (WAI),
- Gefährdungsbeurteilung,
- Gesundheitsberichte,
- Gesundheitsorientierte Beratung,
- Assessment-Instrumente,
- Gesundheitsuntersuchungen,
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen,
- Sozialversicherungsdaten,
- Inklusionsvereinbarungen gem. § 166 SGB IX,
- Betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 167 SGB IX.
Anhaltspunkte für einen möglichen Bedarf an Leistungen zur Teilhabe und somit für Fallgestaltungen i. S. d. § 26 Abs. 2 Nr. 2 ergeben sich gemäß § 11 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung "Reha-Prozess" (Rz. 5) insbesondere bei Personen, auf die z. B. einer der nachfolgend aufgeführten Sachverhalte zutrifft:
- Ununterbrochene oder wiederholte Arbeitsunfähigkeit für einen Zeitraum von länger als 6 Wochen innerhalb der letzten 12 Monate, z. B. Feststellung im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements.
- Bestehen einer chronischen Erkrankung oder einer Multimorbidität bei Menschen jeden Alters.
- Wiederholte oder lang an...