Rz. 43
Haus- bzw. Fachärzte haben wegen des persönlichen Kontakts zum Leistungsberechtigten regelmäßig eine hohe Kompetenz zur Beurteilung von Krankheiten und Behinderungen sowie in der Rehabilitationssteuerung. Der Arbeitsbereich der Allgemeinmedizin beinhaltet die Grundversorgung aller Patienten mit körperlichen und seelischen Gesundheitsstörungen in der Akut- und Langzeitversorgung sowie wesentliche Bereiche der Prävention (Vorsorge) und Rehabilitation. Allgemeinärzte sind darauf spezialisiert, als erste ärztliche Ansprechpartner Krankheiten bei allen Gesundheitsproblemen zu erkennen und den Betroffenen zu beraten. Im Gegensatz zu Hausärzten haben sich Fachärzte auf bestimmte Krankheiten und Krankheitserscheinungen spezialisiert und können dadurch fachbezogen ihren Anteil zur Vermeidung bzw. Minderung von Krankheiten und Behinderungen leisten.
Rz. 44
Betriebs- bzw. Werksärzte haben u. a. die Aufgabe, die Gesundheit und die Erwerbsfähigkeit der Arbeitnehmer zu fördern und zu erhalten. Dabei stützen sie sich auf eine ganzheitliche Betrachtung des arbeitenden Menschen mit Berücksichtigung somatischer, psychischer und sozialer Prozesse.
Durch ihre intensive Einbindung in die Arbeitswelt und dem damit verbundenen Zugang zu den Arbeitnehmern ihres Betriebes können die Betriebs- und Werksärzte bei Bedarf einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung bzw. Minderung von Behinderungen leisten, indem sie - wie Haus- und Fachärzte – einen möglichen Teilhabebedarf frühzeitig erkennen und einen frühzeitigen Impuls zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe geben. Außerdem können sie, wenn z. B. der Arbeitnehmer wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt ist, Einfluss
- auf die Nachhaltigkeit des Rehabilitationserfolgs (Gestaltung des Arbeitsplatzes) sowie
- bei betrieblicher stufenweiser Wiedereingliederung Einfluss auf die letzten Abschnitte des Rehabilitationsprozesses,
- auf die Betriebliche Gesundheitsförderung (u. a. § 167 Abs. 2) und
- auf die Beurteilung der Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz
nehmen und dafür sorgen, dass Rückfälle nach Möglichkeit vermieden werden.
Rz. 45
Die wirksamen Steuerungsmöglichkeiten der Ärzte hat der Gesetzgeber erkannt und verpflichtet deshalb die Rehabilitationsträger, in Gemeinsamen Empfehlungen zu regeln, wie Haus-, Fach-, Betriebs- und Werksärzte in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind.
Wie dies geschehen soll, haben die Rehabilitationsträger unter Federführung der BAR im Februar 2019 in ihrer Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess; vgl. Rz. 5) vereinbart. Mit der Einbindung der Ärzte befassen sich insbesondere die §§ 16 und § 18 der GE.
Rz. 46
In der Praxis erhält der Rehabilitationsträger im Rahmen der Kassenärztlichen Versorgung meist durch den Inhalt von Verordnungen des (Vertrags-)Arztes (z. B. Vordruck Muster 61) oder durch Berichte des Krankenhauses oder eines anderen Leistungserbringers Informationen über einen möglicherweise bestehenden Rehabilitationsbedarf. Der Vertragsarzt berät den Betroffenen insbesondere über die Ziele, Inhalte, Abläufe und Dauer der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Wie behandelnde (Haus-/Fach-)Ärzte (Vertragsärzte) der Krankenkasse einen Rehabilitationsbedarf anzeigen können, verdeutlicht die "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" (Rehabilitations-Richtlinie – Reha-RL; vgl. Rz. 77). Die Richtlinie soll insbesondere das frühzeitige Erkennen der Notwendigkeit von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation fördern und dazu führen, dass diese rechtzeitig eingeleitet werden. Der Arzt berät den Betroffenen bei Anzeichen eines Rehabilitationsbedarfs insbesondere,
- warum seiner Einschätzung nach die Maßnahmen der kurativen Versorgung nicht ausreichen, und
- über die Ziele, Inhalte, Abläufe und Dauer der Leistung zur medizinischen Rehabilitation (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 Reha-RL).
Zusätzlich sind vom Arzt im Sinne eines vorläufigen rehabilitationsmedizinischen Assessments
- die Rehabilitationsbedürftigkeit,
- die Rehabilitationsfähigkeit und
- eine positive Rehabilitationsprognose auf der Grundlage realistischer, für die Versicherten alltagsrelevanter Rehabilitationsziele abzuklären (§ 7 Abs. 1 Reha-RL).
Ergibt sich aus dem Beratungsgespräch eines Vertragsarztes, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung notwendig sind und der Versicherte diese in Anspruch nehmen will, verordnet dieser mit Zustimmung des Versicherten die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Verwendung des Verordnungsformulars Muster 61 Teile B bis D (https://www.kbv.de/html/21431.php). Dabei ist die medizinische Indikation anhand der in den §§ 8 bis 10 Reha-RL genannten Indikati...