Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. objektive und subjektive Verfügbarkeit. Arbeitsunfähigkeit. leidensgerechte Tätigkeit
Orientierungssatz
Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitsloser ist trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verfügbar und kann Arbeitslosengeld beziehen, wenn er sich im Rahmen des durch ein ärztliches Gutachten festgestellten Leistungsvermögens für leidensgerechte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung stellt.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2016 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 21.04.2016 bis 22.05.2016 gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21.04.2016 bis 22.05.2016. Streitig ist dabei die Verfügbarkeit der Klägerin.
Die 1960 geborene Klägerin war zuletzt vom 08.05.2000 bis 31.03.2016 als Produktionsmitarbeiterin bei der C. D. GmbH beschäftigt. Am 24.07.2015 wurde das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber zum 31.03.2016 betriebsbedingt gekündigt.
In der Zeit vom 12.12.2015 bis 10.04.2016 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld. Ab dem 13.04.2016 wurde dann erneut eine Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt, die bis zum 22.05.2016 andauerte. In dieser Zeit bezog sie kein Krankengeld mehr.
Bereits am 21.04.2016 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Dabei wurde die Arbeitslosmeldung zunächst am Empfang der Arbeitsagentur zum selben Tag erfasst, dann aber - weil Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 27.04.2016 vorlag - abgeändert auf Wirkung zum 28.04.2016. Die Verfügbarkeit sollte gemäß Gesprächsvermerk der Beklagten aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen durch den Bewerberbetreuer geprüft werden.
Bereits am 29.04.2016 reichte die Klägerin die Erstbescheinigung über ihre Arbeitsunfähigkeit ein (13.04.2016 - 27.04.2016), am 02.05.2016 teilte sie telefonisch die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit bis 15.05.2016 mit.
Am 03.05.2016 sprach die Klägerin dann persönlich bei der Beklagten vor. Laut Gesprächsvermerk der Beklagten vom 04.05.2016 teilte sie dabei mit, dass Ende Mai eine ambulante Schmerztherapie geplant sei. Sie sei seit dem 31.08.2015 krankgeschrieben gewesen und habe Krankengeld erhalten. Aufgrund einer neuen Arbeitsunfähigkeitserstbescheinigung sei die Weiterzahlung durch die Krankenkasse abgelehnt worden. Die Klägerin gab demnach an, dass sie weiterhin krankgeschrieben sei und gesundheitliche Einschränkungen habe. Deswegen fühle sie sich nicht im Stande, momentan zu arbeiten. Es wurde vereinbart, ein ärztliches Gutachten zur Abklärung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin zu erstellen.
Am 04.05.2016 unterschrieb die Klägerin den Antrag auf Arbeitslosengeld und gab dabei an, aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben zu können oder sich zeitlich einschränken zu müssen. Bei einer ärztlichen Begutachtung sei sie bereit, sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Es wurde eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen.
Das Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Beklagten vom 20.05.2016 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin vollschichtig, das heißt täglich 6 Stunden und mehr, leistungsfähig sei für leichte bis mittelschwere Arbeiten. Es ergebe sich eine körperliche Minderbelastbarkeit bei Vorliegen einer Funktionsstörung im Bereich der Wirbelsäule sowie eine psychische Minderbelastbarkeit. Agenturärztlicherseits werde ein vollschichtiges Leistungsvermögen in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin sowie für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen angenommen.
Am 14.06.2016 wurde der Klägerin dann das ärztliche Gutachten eröffnet. Die Klägerin stellte sich dem Arbeitsmarkt gemäß dem ärztlichen Gutachten in Vollzeit zur Verfügung. Als Zielberuf wurde Pförtnerin vereinbart.
Mit Bescheid vom 15.06.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 23.05.2016 für 540 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 36,08 Euro.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 12.07.2016 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Nahtlosigkeitsregelung sei nicht anzuwenden, da nach den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe. Nach den vorliegenden Unterlagen (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen) und ihrer Erklärung am 04.05.2016 habe die Klägerin wegen der Minderung ihrer Leistungsfähigkeit bis zum 22.05.2016 keine Beschäftigung ausüben können. Sie habe wegen der Minderung ihrer Leistungsfähigkeit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verf...