Rz. 3
Das Robert Koch-Institut (RKI) als Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention und damit auch die zentrale Einrichtung des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmenorientierten biomedizinischen Forschung. Die Kernaufgaben des RKI sind die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere der Infektionskrankheiten. Das RKI berät die zuständigen Bundesministerien, insbesondere das BMG, und wirkt bei der Entwicklung von Normen und Standards mit. Nach seinen Darlegungen zählen Impfungen zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Unmittelbares Ziel der Impfung ist es, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen. Bei Erreichen hoher Durchimpfungsraten ist es möglich, einzelne Krankheitserreger regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten. Die Elimination der Masern und der Poliomyelitis sind erklärte und erreichbare Ziele nationaler und internationaler Gesundheitspolitik.
Die amtliche Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drs. 16/3100 S. 100) erläutert in Übereinstimmung mit diesen Vorgaben hinreichend die Motive, die den Gesetzgeber veranlasst haben, Schutzimpfungen in den Pflichtleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmen. Impfungen haben danach einen 3-fachen Nutzen:
- Sie schützen den Geimpften vor Infektionskrankheiten mit mitunter schwerwiegenden Komplikationen, darunter auch Krankheiten, für die es keine oder nur begrenzte Therapiemöglichkeiten gibt. Eine Schädigung des Ungeborenen durch eine Infektion in der Schwangerschaft kann für einige Erreger verhindert werden.
- Sie verhindern Ausbruch und Weiterverbreitung von Epidemien durch einen Kollektivschutz. Diese sog. Herdimmunität liegt z. B. für die Diphtherie bei einer Durchimpfungsrate von ca. 80 %, bei Masern bei ca. 95 %.
- Impfungen zählen zu den kosteneffektivsten Präventionsmaßnahmen, helfen Krankheitskosten zu vermeiden und führen teilweise sogar zu Kosteneinsparungen (z. B. Influenzaimpfungen bei Älteren und bei Risikopatienten; Masernimpfung wird als kostensparend im Umfang von ca. 189 Mio. EUR eingeschätzt; durch die Impfung gegen Keuchhusten werden in Deutschland pro Jahr rund 450 Mio. EUR eingespart).
Rz. 4
Die frühere Rechtslage mit der Ausgestaltung von Schutzimpfungen als Kann-Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in § 23 Abs. 9 führte teilweise zu unterschiedlichen Leistungen der Krankenkassen, was eine hohe Impfbeteiligung behinderte. Durch die Verankerung von Leistungen für Schutzimpfungen als Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung soll ein bundesweit einheitlicher Katalog der Impfleistungen geschaffen, die Transparenz und Sicherheit in der Kostenübernahme erhöht, der hohe – auch gesundheitspolitische – Stellenwert von Impfungen im Sinne einer Signalwirkung betont und der Arzt in die Lage versetzt werden, Impfungen ohne Unsicherheiten hinsichtlich der Kostenübernahme durchzuführen.
Rz. 5
Die Impfleistungen als Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden außerhalb des Bereichs der vertragsärztlichen Versorgung organisiert. Der entsprechende Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen ist in dem durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 1.4.2007 eingeführten § 132e geregelt. Danach schließen die Kassen mit Kassenärztlichen Vereinigungen, geeigneten Ärzten, deren Gemeinschaften, ärztlich geleiteten Einrichtungen oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Schutzimpfungen zulasten der Krankenkasse vorgenommen werden.