0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist am 1.1.1989 durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) in Kraft getreten. Die Vorschrift übernimmt den früheren § 364 RVO i. d. F. des Gesetzes über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung (KVMG) v. 15.12.1979 (BGBl. I S. 2241). Im Gesetzentwurf war die Regelung in § 269 enthalten (BT-Drs. 11/2237).
Rz. 2
Durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz – PflegeVG) v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) wurde Abs. 1 Nr. 1 HS 2 mit Wirkung vom 1.1.1995 an eingefügt. Die Vorschrift dient der Klarstellung und regelt, dass das Defizit einer Pflegekasse nicht durch die Betriebsmittel der Krankenkasse gedeckt werden kann (BT-Drs. 12/5262).
Rz. 2a
Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versichertenentlastungsgesetz – GKV-VEG) v. 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387) änderte die Vorschrift mit Wirkung zum 15.12.2018 umfangreich. Die zulässigen Betriebsmittel werden abgesenkt. Einen Ermessensspielraum hat die Krankenkasse nicht.
Rz. 2b
Das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) hat Abs. 2 Satz 1 und 2 geändert (rückwirkend ab 7.11.2019) und Abs. 5 aufgehoben (zum 1.1.2020). Die Änderung in Satz 1 ist eine redaktionelle Klarstellung, die verdeutlicht, dass Grundlage der Bestimmung der Obergrenze eine einfache durchschnittliche Monatsausgabe nach dem Haushaltsplan der Krankenkasse für das Haushaltsjahr ist. Satz 2 klärt, dass die von der Aufsichtsbehörde zugelassene Obergrenze kein Eurobetrag ist, sondern eine Größe, die in Monatsausgaben ausgedrückt wird. Der Abbau von Finanzreserven wird zunächst ausgesetzt (Abs. 5).
Rz. 2c
Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG) v. 22.12.2020 (BGBl. I S. 3299) hat mit Wirkung zum 26.11.2020 in Abs. 2 Satz 1 und 2 jeweils das Wort "Einfache" durch die Angabe "0,8-Fache" ersetzt. Damit wird die Obergrenze für die Pflicht zum stufenweisen Abbau von Finanzreserven der Krankenkassen abgesenkt.
Rz. 2d
Art. 1 Nr. 23 des Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) v. 7.11.2022 (BGBl. I S. 1990) hat mit Wirkung zum 12.11.2022 Abs. 2, 2a und 4 geändert. Die gesetzliche Obergrenze für die Finanzreserven der Krankenkassen von aktuell 0,8 durchschnittlichen Monatsausgaben wird auf 0,5 Monatsausgaben gesenkt.
Rz. 2e
Durch Art. 6 Nr. 14a des Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2759) wurden mit Wirkung zum 1.1.2023 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 geändert. Es wurden jeweils nach dem Wort "Vermögensteile" die Wörter "des Verwaltungsvermögens nach § 82a des Vierten Buches und § 263" eingefügt und die Wörter "nach § 263 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2" gestrichen. Es handelt sich um die Aktualisierung eines Verweises ohne inhaltliche Änderung.
1 Allgemeines
Rz. 3
Betriebsmittel sind kurzfristig verfügbare Mittel zur Bestreitung der laufenden Ausgaben sowie zum Ausgleich von Einnahme- und Ausgabeschwankungen (§ 81 SGB IV). Sie sichern die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse. Für die Krankenversicherung enthält die Norm eine spezialgesetzliche Regelung hinsichtlich der
- Verwendung,
- Höhe und
- Verwaltung
der Betriebsmittel. Die Norm korrespondiert mit § 30 Abs. 1 SGB IV, wonach die Krankenkassen ihre Mittel nur für Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben verwenden dürfen (Zweckgebundenheit).
2 Rechtspraxis
2.1 Verwendung (Abs. 1)
2.1.1 Gesetzliche Aufgaben (Nr. 1)
Rz. 4
Betriebsmittel dürfen nur für die gesetzlich oder durch die Satzung vorgesehenen Aufgaben sowie für die Verwaltungskosten verwendet werden. Dazu gehören u. a. die Ausgaben für die Regel-, Mehr- und Ermessensleistungen der Krankenkasse.
Rz. 5
Die Betriebsmittel dürfen somit nur für
- Leistungsausgaben (§§ 11 ff. Kontenklasse 4/5),
- Vermögens- und sonstigen Aufwendungen (Kontenklasse 6) und
- Verwaltungskosten (Kontenklasse 7)
verwendet werden. Die Betriebsmittel dürfen nur zur Begleichung der aus den o. g. Aufgaben entstehenden Verpflichtungen sowie für die bei der Verwaltung der Krankenkasse anfallenden Kosten (Personalkosten, Sachkosten) eingesetzt werden. Es handelt sich um erfolgswirksame Aufwendungen, die das Reinvermögen der Krankenkasse verringern.
Rz. 6
Zu den gesetzlich vorgesehenen Aufgaben gehören auch die Auftragsgeschäfte (§ 30 Abs. 2 SGB IV) aufgrund eines gesetzlichen Auftrags (z. B. § 18c Abs. 1 Satz 3 BVG) oder aufgrund eines vertraglich vereinbarten Auftrags (z. B. § 88 SGB X i. V. m. der Verwaltungsvereinbarung über die generelle Beauftragung der Krankenkassen durch die Unfallversicherungsträger zur Berechnung und Auszahlung des Verletztengeldes nach § 189 SGB VII i. V. m. §§ 88 ff. SGB X). Der entsprechende Aufwand i...