Rz. 5
Leistungen nach § 27 gehen grundsätzlich denen nach § 27a vor. Erst wenn Behandlungsmaßnahmen nach § 27 keinen Erfolg gebracht haben, kommen die nach § 27a in Betracht. Abs. 1 regelt abschließend die Leistungsvoraussetzungen, die – abgesehen von Abs. 2 – kumulativ erfüllt sein müssen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur solche Maßnahmen durchgeführt werden, die nach dem Embryonenschutzgesetz und anderen gesetzlichen Vorschriften rechtlich zulässig sind. Nicht zulässig ist z. B. die Ersatzmutterschaft (BT-Drs. 11/6760 S. 14). Der durch das GMG geänderte Abs. 3 (vgl. Rz. 2) grenzt den Leistungsrahmen deutlich ein.
Rz. 5a
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der aktuellen Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf der 18. Legislaturperiode (BT-Drs. 18/3279) erneut eingebracht (nun BT-Drs. 19/1832). Danach soll eine Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung durch die gesetzlichen Krankenkassen zukünftig auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, verheirateten lesbischen Ehepartnern und nichtehelichen Lebenspartnern ermöglicht werden. Dieser Entwurf ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das BSG in seiner Entscheidung v. 18.11.2014 (B 1 A 1/14 R) dargelegt hat, dass gesetzliche Krankenkassen selbst auf freiwilliger Basis die Kosten einer künstlichen Befruchtung bei nicht verheirateten Paaren nicht übernehmen dürften, da die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten.
2.1 Leistungsvoraussetzungen
Rz. 6
Nach § 27a Abs. 1 umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn diese nach ärztlicher Feststellung erforderlich und erfolgversprechend sind. Ferner müssen die Personen, welche die Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sein. Zudem dürfen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehepartner verwendet werden (sog. homologes System). Weitere Voraussetzung ist, dass sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst vornimmt, über eine solche Therapie unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder an eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a erteilt worden ist.
2.1.1 Erforderlichkeit (Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 7
Versicherungsfall ist nicht eine Krankheit, sondern die Unfähigkeit des Ehepaares, auf natürlichem Weg Kinder zu zeugen und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung (BSGE 88 S. 62 = SozR 3-2500 § 27a Nr. 3). Grundlegende Voraussetzung ist zunächst, dass die Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind. Der Gesetzgeber sieht die Indikation zur künstlichen Befruchtung dann als gegeben an, wenn Behandlungsmaßnahmen nach § 27 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (mehr) bieten, nicht möglich oder unzumutbar sind (BT-Drs. 11/6760 S. 14). An der Erforderlichkeit fehlt es hingegen, wenn die Unfruchtbarkeit des Ehepaares auf der Zeugungsunfähigkeit oder der Empfängnisunfähigkeit eines oder beider Ehepartner beruht und insoweit die Möglichkeit einer Behandlung zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit besteht. Diese Subsidiarität gegenüber Maßnahmen nach § 27 Abs. 1 gilt auch dann, wenn die Zeugungsunfähigkeit durch eine freiwillige, nicht krankheitsbedingte Sterilisation herbeigeführt worden ist und die Refertilisierung daher nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden kann (BSG, Urteil v. 22.3.2005, B 1 KR 11/03 R, Rz. 27 f.).
2.1.2 Erfolgsaussicht (Abs. 1 Nr. 2)
Rz. 8
Abs. 1 Nr. 2 setzt die auf ärztlicher Feststellung beruhende hinreichende Erfolgsaussicht voraus. Dabei ist nicht nur die Zahl der Behandlungsversuche maßgebend. Vielmehr sind auch das Alter der Ehegatten – abgesehen von den die Leistung generell ausschließenden Altersgrenzen in Abs. 3 i. d. F. des GMG – und die zugrundeliegende Störung in die Prüfung aufzunehmen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind Befruchtungsmaßnahmen, die mehrfach nicht zum Erfolg geführt haben, Anhaltspunkt dafür, dass eine Erfolgsaussicht jedenfalls für die Zukunft zu verneinen ist. Nach medizinischen Erkenntnissen gehen nämlich die Erfolgsaussichten nach 4 vergeblichen Versuchen deutlich von 47 % beim ersten Versuch auf 7 % beim 4. Versuch zurück (BT-Drs. 11/6760 S. 15). Nunmehr ist im Regelfall schon von einer fehlenden Erfolgsaussicht auszugehen, wenn die Maßnahme dreimal erfolglos durchgeführt ist. Mit dieser Regelung sollen die Ausgaben für künstliche Befruchtung auf Fälle medizinischer Notwendigkeit begrenzt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuss) für die jeweilige Behandlungsmaßnahme schon nach dem bis zum 31.12.2003 geltenden Recht nicht, wenn sie bei der In-vitro-Fertilisation (Nr. 10.3) bis zu viermal vollständig durchgeführt wurde, ohne dass eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft eintrat. Die neue Eingrenzung auf den "...