Krankenkasse muss Konservierungskosten für befruchtete Eizellen nicht erstatten
Das SG München hat einer Versicherten die Erstattung der Kosten für die Kryokonservierung imprägnierter Eizellen verweigert, obwohl die Kryokonservierung aufgrund einer Chemotherapie im Rahmen einer Krebserkrankung unaufschiebbar war.
Kryokonservierung zur Ermöglichung späterer Schwangerschaften
Seit dem 11.5.2019 haben Versicherte gemäß § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB V einen Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen oder von Keimzellgewebe, wenn die Kryokonservierung wegen der Behandlung einer Erkrankung durch eine die Keimzellen schädigende Therapie erforderlich ist. Die Vorschrift soll es den betroffenen Frauen ermöglichen, zu einem späteren Zeitpunkt medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft vornehmen zu lassen.
Kryokonservierung von 13 befruchteten Eizellen
In dem vom SG München entschiedenen Fall hatte die Klägerin nach der Diagnose eines invasiven Mammakarzinoms und einer hierdurch erforderlichen Chemotherapie bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Kryokonservierung von Eizellen gestellt, den diese genehmigt hatte. Am 30.3.2021 wurden der zu diesem Zeitpunkt nicht verheirateten Klägerin Eizellen entnommen und 13 Eizellen nach Durchführung einer In-vitro-Fertilisation im Vorkernstadium kryokonserviert und eingelagert.
Krankenkasse lehnt Kostenerstattung ab
Den später gestellten Antrag der Klägerin auf Kostenerstattung lehnte die beklagte Krankenkasse ab mit der Begründung, dass die Kryokonservierung nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe. Die Konservierung im Vorkernstadium sei als Konservierung befruchteter Eizellen zu qualifizieren, auch wenn die Zellkerne in diesem Stadium noch nicht verschmolzen seien.
Kryokonservierung ausschließlich unbefruchteter Eizellen erlaubt
Der gegen die Versagung der Kostenübernahme und nach Durchführung des Widerspruchverfahrens von der Klägerin eingereichten Klage blieb der Erfolg vor dem SG versagt. Nach Auffassung des SG sieht die gesetzliche Regelung ausschließlich die Kryokonservierung von unbefruchteten Eizellen vor. Die Kryokonservierung imprägnierter Eizellen sei nach dem Gesetz ausgeschlossen.
Gesetzliche Voraussetzungen der Kryokonservierung
Eine Ausdehnung der gesetzlichen Vorschriften auf die Kryokonservierung bereits befruchteter Eizellen sei angesichts der vom Gesetz dezidiert genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Verfahrens ausgeschlossen. § 27a Abs. 1-3 SGB V erlaube die Kryokonservierung mit anschließender künstlicher Befruchtung nur unter den Voraussetzungen, dass
- ein Arzt eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine spätere Schwangerschaft bestätigt,
- die Versicherte zum Zeitpunkt der Zellentnahme verheiratet ist,
- die Versicherte über die möglichen medizinischen und psychosozialen Folgen unterrichtet wird,
- die verheirateten Partner die Altersgrenze von 40-50 Jahren nicht überschritten haben und
- die Krankenkasse einen vorgelegten Behandlungsplan genehmigt hat.
In jedem Fall setzt das Gesetz nach der Auslegung des SG ein 2-stufiges Verfahren voraus, nämlich in der 1. Stufe die Kryokonservierung und in der 2. Stufe die spätere künstliche Befruchtung.
Gesetzliche Voraussetzungen für Kryokonservierung nicht erfüllt
Das vorgeschriebene Verfahren hatte die Klägerin nach der Bewertung des SG in mehrfacher Hinsicht nicht eingehalten. Zum einen seien die eingelagerten Eizellen im Kernstadium, d.h. in befruchtetem Zustand kryokonserviert worden, was sich mit dem Erfordernis eines 2-stufigen Verfahrens nicht vereinbaren ließe. Darüber hinaus sei die Klägerin bei Entnahme der Zellen nicht verheiratet gewesen.
Zu viele Eizellen befruchtet
Schließlich lag nach der Bewertung des SG ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) vor. Die Vorschrift stelle die Befruchtung einer größeren Zahl an Eizellen als sie innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen unter Strafe. Die Höchstgrenze sei hier mit 13 befruchteten Eizellen deutlich überschritten worden. Hierdurch sei der Schutzzweck des ESchG, die Produktion überzähliger Embryonen zu verhindern, in schwerer Weise verletzt worden.
Klage abgewiesen
Im Ergebnis hatte die Klage auf Erstattung der im Rahmen der Kryokonservierung entstandenen Kosten keinen Erfolg. Das Rechtsmittel der Revision hat das SG nicht zugelassen.
(SG München, Urteil v. 10.8.2022, S 7 KR 2383/21)
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