Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Tageslicht gilt als ein wesentlicher Faktor für Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Deshalb sieht die Arbeitsstättenverordnung verbindlich vor, dass die Räume, in denen sich Menschen im Wesentlichen während der Anwesenheit im Betrieb aufhalten, ausreichend Tageslichteinfall und eine Sichtverbindung nach außen haben. Diese Kriterien wirken sich erheblich auf die Raumnutzung in einem Gebäude aus. Zentrale Bedeutung hat daher, dass alle, die in einem Betrieb mit Raumplanung und der Einrichtung von Arbeitsplätzen befasst sind, sich über diese Grundsatzforderungen im Klaren sind. Das ist umso wichtiger, weil Räume nachträglich meist nur sehr aufwändig mit Tageslicht bzw. einer Sichtverbindung nach außen versorgt werden können.
Nach Anhang 3.4 Arbeitsstättenverordnung und ASR A3.4 darf der Arbeitgeber "als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben". Arbeitsräume sind dabei Räume, in denen Arbeitsplätze innerhalb von Gebäuden dauerhaft eingerichtet sind. Dieselbe Forderung gilt für Pausen- und Bereitschaftsräume sowie Unterkünfte. Kantinen sollen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben.
Ausnahmen sind aus betriebs-, produktions- und bautechnischen Gründen vorgesehen, außerdem für Nebenräume, in denen sich Beschäftigte i. d. R. nur kurzzeitig aufhalten (z. B. Archive, Lager, Maschinen- und andere technische Nebenräume, Teeküchen), Tiefgaragen, Kellerlokale und Verkaufräume unter Erdgleiche sowie Räume in Einkaufzentren, Bahnhofs- oder Flughafenhallen und Passagen. In sehr großen Räumen (> 2.000 m²) kann auf den Sichtkontakt nach außen verzichtet werden, wenn ausreichend Tageslicht (z. B. über Oberlichter) gegeben ist.
Räume, die bei Inkrafttreten der aktuellen Arbeitsstättenverordnung 2016 bereits eingerichtet waren oder mit deren Einrichtung bereits begonnen worden war und die keinen Sichtkontakt nach außen haben, dürfen bis zu einer wesentlichen Veränderung weiter betrieben werden.
Die DGUV-I 215-211 "Tageslicht am Arbeitsplatz – leistungsfördernd und gesund" enthält viele ergänzende und vertiefende Informationen und Praxisbeispiele.
1 Beleuchtungseigenschaften
Das menschliche Auge ist naturgemäß an die Eigenschaften natürlichen Lichts (Lichtstreuung und Farbspektrum) besonders gut angepasst. Dadurch wird Tageslicht z. B. auch in vergleichsweise hohen Beleuchtungsstärken viel weniger blendend empfunden als Kunstlicht. Auch die Farbwahrnehmung ist unter Tageslicht problemlos, was an Arbeitsplätzen mit besonderen Sehaufgaben wichtig sein kann.
Daher lassen sich mit natürlicher Beleuchtung i. d. R. einfacher und erfolgreicher zuträgliche Beleuchtungsbedingungen schaffen, als wenn das ausschließlich über künstliche Beleuchtung geschieht. Letztere ist allerdings bei guter Auslegung sicher auch nicht grundsätzlich schädlich. Die Imitation natürlichen Lichts durch Lampen mit entsprechend ausgelegtem Farbspektrum gelingt i. d. R. nur unvollständig und kann keineswegs als vollwertiger Ersatz gewertet werden. Im Gegenteil werden solche Leuchten oft als fremdartig und grell empfunden.
2 Einfluss von Tageslicht auf die Vitalfunktionen des Menschen
Tageslichteinfluss und erst recht Sichtverbindung nach außen ist mehr als nur eine Frage der Beleuchtung, denn Tageslicht unterstützt die Lebenskraft eines Menschen auf unterschiedliche Weise. Dabei ist es kaum möglich und für die betriebliche Praxis auch nicht nötig, physiologische Faktoren (z. B. Einwirkungen von Sonnenlicht auf bestimmte Stoffwechselprozesse) und psychische Faktoren (Gefühl des Eingeschlossenseins) zu trennen. Tatsache ist aber, dass manche Menschen extrem empfindlich auf den Entzug von Tageslicht reagieren (Beispiel Winterdepression) und dann unter Beschwerden, wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Abwehrschwäche usw., leiden.
Kritische Arbeitsplätze in der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig überprüfen
Wenn in den o. g. Ausnahmefällen Arbeitsräume ohne Tageslicht betrieben werden müssen, sollte das in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Gesundheitliche Probleme, die mit fehlendem Tageslichteinfluss zusammenhängen und für die Betroffenen zu einem ernsten Problem werden können, treten manchmal auch erst nach längerer Zeit auf, nachdem der tageslichtlose Arbeitsplatz zunächst gut akzeptiert wurde.
Tageslicht wird (gerade in jüngeren architektonischen Konzepten) den Arbeitsräumen nicht nur durch Fenster und (Glas-)Türen, sondern auch durch Dachoberlichter und weitere lichtdurchlässige Bauteile zugeführt. Als ausreichend gilt der Tageslichteinfall nach Abschn. 4.1 ASR A3.4, wenn
- am Arbeitplatz ein Tageslichtquotient größer als 2 %, bei Dachoberlichtern größer als 4 % erreicht wird oder
- mindestens ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fenster-, Tür- oder Wandfläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche von mindestens 1:10 (entspricht ca. 1:8 Rohbaumaße), eingehalten ist.
Der Tageslichtquotient D ist dabei das Verhältnis der Beleuchtungsstärke an einem Punkt im...