Rz. 98

Von einer Suspendierung spricht man, wenn die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag vorübergehend ruhen. Das ist vor allem im Arbeitskampf der Fall bei einem rechtmäßigen Streik oder einer rechtmäßigen Aussperrung. Das Arbeitsverhältnis bleibt gleichwohl während dieser Zeit bestehen.

 

Rz. 99

Anders bei der sog. lösenden Aussperrung. Dies ist ein kollektivrechtlicher Beendigungstatbestand eigener Art.[1] Das Arbeitsverhältnis endet fristlos, ohne dass die Arbeitnehmer dabei Kündigungsschutz genießen. Nach dem Ende des Arbeitskampfes ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitnehmer nach billigem Ermessen wieder einzustellen.[2] Die lösende Aussperrung war früher der Regelfall, kommt heutzutage aber praktisch nicht mehr vor aufgrund der strengen Anforderungen des BAG an die Verhältnismäßigkeit der Arbeitskampfmaßnahme.[3] Die Aussperrung hat im Regelfall nur noch suspendierenden Charakter.[4]

Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern ist eine lösende Aussperrung ohnehin ausgeschlossen.[5] Auch § 174 Abs. 6 SGB IX hat heute kaum noch praktische Bedeutung. Nach dieser Vorschrift sind schwerbehinderte Menschen, denen lediglich aus Anlass eines Streiks oder einer Aussperrung mit Zustimmung des Integrationsamtes fristlos gekündigt worden ist, nach Beendigung des Streiks oder der Aussperrung wieder einzustellen. Der Anspruch ist aber ausgeschlossen, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer zu einem rechtswidrigen Arbeitskampf beigetragen oder während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes strafbare Handlungen begangen hat.[6]

[1] HaKo-KSchG/Mayer, § 1 KSchG Rz. 131.
[2] BAG, Urteil v. 21.4.1971, GS 1/68, AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 43.
[3] ErfK/Linsenmaier, Art. 9 GG Rz. 236; ErfK/Müller-Glöge, § 620 BGB Rz. 45.
[4] Zur Kündigung im Arbeitskampf vgl. Thüsing, § 25 Rz. 1 ff.
[5] APS/Vossen, § 174 SGB IX Rz. 26.
[6] APS/Vossen, § 174 SGB IX Rz. 28.

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