Rz. 778

Will der Arbeitnehmer seinen Wiedereinstellungsanspruch gerichtlich durchsetzen, muss er Klage auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) erheben. Die begehrte Willenserklärung muss gerichtet sein auf den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit.[1]

 
Hinweis

Der Klageantrag kann z. B. lauten, den Arbeitgeber zu verurteilen, den Arbeitnehmer zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom … (als Systemtechniker im Betrieb Dresden zu einem monatlichen Bruttoentgelt i H v. 3.000 EUR) ab dem … einzustellen.

 

Rz. 779

Mit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB kann der Wiedereinstellungsanspruch im Unterschied zur früheren Rechtslage seit dem 1.1.2002 auch rückwirkend geltend gemacht werden. Der Wirksamkeit eines Vertrags steht nun nicht mehr entgegen, dass der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Der rückwirkende Abschluss eines Vertrags ist daher trotz der Unmöglichkeit der rückwirkenden Beschäftigung und Leistung – absolutes Fixgeschäft – nicht mehr nichtig und eine dahingehende Verurteilung möglich.[2]

Für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat der Arbeitnehmer allerdings keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn, da § 615 Satz 1 BGB ein erfüllbares, d. h. tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraussetzt. Dem genügt ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis nicht.[3]

Ein Anspruch kann sich aber aus §§ 326 Abs. 2 Alt. 1, 611a Abs. 2 BGB ergeben. Im Regelfall wird man aber wohl nicht von einem unverschuldeten Rechtsirrtum des Arbeitgebers ausgehen können.[4]

 

Rz. 780

Der Erfolg einer Klage ist nicht davon abhängig, ob der Arbeitnehmer zuvor eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben hat. Denn ein Wiedereinstellungsanspruch setzt gerade die Wirksamkeit der Kündigung auf der Grundlage der Prognose im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung voraus.[5]

Mangels gesetzlicher Regelung ist die Geltendmachung der Wiedereinstellung auch nicht fristgebunden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes zugunsten des Arbeitgebers ist es aber geboten, den Anspruch zeitnah geltend zu machen. Teilweise wird angenommen, die Geltendmachung sei nur innerhalb der noch laufenden Kündigungsfrist möglich.[6] Die vorbeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des Wegfalls des Kündigungsgrunds noch innerhalb der Kündigungsfrist ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Anspruchsgeltendmachung. Dem Arbeitgeberschutz wird hinreichend Rechnung getragen, wenn der Arbeitnehmer nach Kenntniserlangung seine Wiedereinstellung unverzüglich, in Anlehnung an § 4 KSchG aber zumindest innerhalb eines Zeitraums von 3 Wochen geltend macht.

Für den Fall, dass es nach einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung zu einem Betriebsübergang kommt, ist anerkannt, dass der Wiedereinstellungsanspruch vom Arbeitnehmer analog § 613a Abs. 6 BGB und unter Berücksichtigung des in § 2 Satz 2 KSchG und § 4 KSchG zum Ausdruck kommenden Beschleunigungsgedankens spätestens innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung der maßgeblichen tatsächlichen Umstände geltend zu machen ist.[7]

[1] BAG, Urteil v. 4.12.1997, 2 AZR 140/97 zu B II 2 der Gründe.
[4] BAG, Urteil v. 19.8.2015, 5 AZR 975/13, Rz. 27 ff.; Löwisch/Schlünder/Spinner/Wertheimer/Schlünder, § 1 KSchG Rz. 101.
[5] Löwisch/Schlünder/Spinner/Wertheimer/Schlünder, § 1 KSchG Rz. 100; APS/Kiel, § 1 KSchG Rz. 759; KR/Rachor, § 1 KSchG Rz. 829.
[6] Beckschulze, DB 1998, 417, 418.

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