Rz. 119
Ohne Vorbehalts- oder vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer tritt die auflösende Bedingung, unter welcher die Kündigung erklärt wurde, nicht ein, sodass diese wie eine "normale" Beendigungskündigung wirkt. Der Arbeitnehmer kann sie mit dem üblichen Feststellungsantrag nach § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich angreifen und die soziale Rechtfertigung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung zur Überprüfung stellen.
Sofern er nicht ausnahmsweise einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG hat, kann er seine Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zunächst nicht verlangen. Sollte er zumindest erstinstanzlich mit der Kündigungsschutzklage obsiegen, kann sich jedoch – anders als bei der Erklärung der Vorbehaltsannahme nach § 2 KSchG (s. o. Rz. 74) – ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch, und zwar zu den bisherigen Bedingungen, ergeben.
Steht rechtskräftig fest, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt war, besteht das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fort. Wird die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. Der Arbeitnehmer, der nicht zumindest unter Vorbehalt zu den geänderten Arbeitsbedingungen tätig werden will, trägt damit das Risiko der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass seine Kündigungsschutzklage erfolglos bleiben sollte.
Hat der Arbeitgeber die Änderungskündigung mit einem Hinweis nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG versehen, entsteht mit Verstreichenlassen der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG der gesetzliche Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG zugunsten des Arbeitnehmers, wenn dieser das Änderungsangebot nicht annimmt oder vorbehaltlos ablehnt. Denn § 1a KSchG ist auch auf eine aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Änderungskündigung anwendbar, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht zumindest unter Vorbehalt angenommen hat.
Rz. 120
Hat der Arbeitnehmer ein ihm bereits vor dem Ausspruch einer Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot abgelehnt, ist der Arbeitgeber dennoch verpflichtet, eine Änderungskündigung auszusprechen. Eine Beendigungskündigung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen auch im Fall des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht annehmen, auch nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung. Hierfür trägt der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren die Darlegungs- und Beweislast. Das BAG hat in der Entscheidung vom 21.4.2005 ausdrücklich Bedenken an seiner bisherigen Rechtsprechung geäußert, wonach dann, wenn es der Arbeitgeber unterlassen hat, ein Änderungsangebot zu machen, für die Wirksamkeit der Beendigungskündigung – fiktiv – zu prüfen sei, ob der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen bei einem entsprechenden Angebot vor oder mit Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte.
Rz. 121
Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot insgesamt ab, nimmt es also nicht zumindest unter dem Vorbehalt nach § 2 KSchG an, kann darin ein böswilliges Unterlassen i. S. v. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG liegen, zumutbare Arbeit anzunehmen mit der Folge, dass kein Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt besteht. Die Sozialwidrigkeit der Kündigung hat nicht zwingend die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen zur Folge.). Die Wahlmöglichkeit des § 2 Satz 1 KSchG wird deshalb faktisch durch § 11 Nr. 2 KSchG eingeschränkt, sie steht gleichsam unter dem Vorbehalt der Obliegenheit des § 11 Nr. 2 KSchG. Maßgebend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Erklärt der Arbeitgeber jedoch anschließend eine Beendigungskündigung, ohne die auf der Änderungskündigung beruhende Arbeitsmöglichkeit weiter anzubieten, endet ein entsprechendes böswilliges Unterlassen mit Ablauf der Kündigungsfrist.