Rz. 112

Der Betriebsrat hat im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG 3 Reaktionsmöglichkeiten:

  • Er kann unter Verweis auf die Widerspruchsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG seine Zustimmung verweigern.
  • Er kann ausdrücklich zustimmen.
  • Er kann die Frist des Abs. 3 schlicht verstreichen lassen. Äußert er sich innerhalb der vorgesehenen Frist nicht, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG).
 

Rz. 113

Der Betriebsrat ist in seiner Entscheidung frei, ob er auch bei Vorliegen eines triftigen Grunds die Zustimmung verweigern will oder nicht.Er kann gegen die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme Einwendungen jeder Art vorbringen. Das Gesetz zwingt den Arbeitgeber jedoch nur, eine schriftliche, innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber ihm zugegangene und auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründe bezogene Zustimmungsverweigerung zu beachten.

Abschließend gesetzlich geregelte Gründe für die Zustimmungsverweigerung können sein:

5.1 Verstoß gegen Rechtsnormen (Nr. 1)

 

Rz. 114

Die Zustimmung des Betriebsrats kann gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert werden, wenn die personelle Einzelmaßnahme gegen ein Gesetz, eine sonstige Rechtsvorschrift, eine behördliche Anordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung verstößt. Entscheidende Voraussetzung für das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats ist, dass die Maßnahme als solche gegen eine der genannten Vorschriften verstößt. Diese müssen die Einstellung oder sonstige Maßnahme als solche untersagen. Hingegen genügt es nicht, wenn einzelne Vertragsbedingungen einer Norm zuwiderlaufen (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 54/03[1]).

 
Praxis-Beispiel

Zustimmungsverweigerungsgrund auf Einzelfall bezogen

Ein Unternehmen der Metallindustrie in Baden-Württemberg konnte gem. § 7 Manteltarifvertrag für 18 % aller Beschäftigten als regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche (anstatt 35 Stunden) vereinbaren. Der Betriebsrat hatte seine Zustimmung zur Einstellung eines weiteren Mitarbeiters mit 40 Stunden verweigert, weil die Quote bereits ausgeschöpft war. Die Verweigerung war jedoch nicht berechtigt, weil die Einstellung selbst nicht gegen den Tarifvertrag verstieß. Es ist Sache des Arbeitgebers, durch welche Maßnahmen er die Quote erreichen will. Das BAG stellt zutreffend fest, dass der Arbeitgeber durch die tarifvertragliche Bestimmung nicht bei einzelnen personellen Maßnahmen gebunden ist.[2]

 

Rz. 114a

Hingegen genügt es nicht, wenn einzelne Vertragsbedingungen einer Norm zuwiderlaufen (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 54/03), da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle ist. Der Arbeitgeber ist daher bei der befristeten Einstellung von Arbeitnehmern weder aus § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BetrVG (Rz. 19) noch aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat mitzuteilen, ob die Befristung mit oder ohne Sachgrund sowie ggf. mit welchem erfolgen soll. Es gibt auch keinen entsprechenden Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 86/09[3]).

[1] NZA 2005, 424.
[3] NZA 2011, S. 418.

5.1.1 Mängel der Unterrichtung

 

Rz. 114b

Der Betriebsrat ist nicht berechtigt, die Zustimmung allein wegen einer unvollständigen Unterrichtung zu verweigern. Darin liegt kein Gesetzesverstoß nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 BetrVG. Dieser setzt voraus, dass die beabsichtigte personelle Maßnahme selbst gesetzwidrig ist (Beschluss v. 1.6.2011, 7 ABR 138/09; BAG, Beschluss v. 12.1.2011, 7 ABR 15/09[1]). Erfolgt die Unterrichtung aber nicht vollständig oder unterbleibt sie ganz, hat dies zur Folge, dass die Wochenfrist des Abs. 3 nicht zu laufen beginnt.[2] Eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung gem. § 99 Abs. 4 BetrVG kommt dann nicht in Betracht. Allerdings ist der Betriebsrat grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitgeber auf die ihm bekannten Mängel der Unterrichtung innerhalb einer Woche hinzuweisen. Dies gilt nicht, wenn die Unterrichtung durch den Arbeitgeber offensichtlich unvollständig war, etwa weil der Arbeitgeber zu einzelnen der in § 99 Abs. 1 genannten Aspekte gar keine Angaben gemacht hat.[3]

[1] NZA-RR 2011, S. 574.
[2] BAG 10.8.1993, NZA 1994, 187, NZA 1994, 187.
[3] BAG 14.12.2004, NZA 2006, 111.

5.1.2 Untertarifliche Bezahlung

 

Rz. 115

Der Betriebsrat kann die Zustimmung zu einer Einstellung nicht allein deshalb verweigern, weil untertarifliche Bezahlung oder ein Entgelt unterhalb des in § 1 Abs. 2 MiLoG festgesetzten Mindestlohns vorgesehen ist. Zur Vermeidung der damit möglicherweise verbundenen Gesetzesverletzung ist es nicht erforderlich, dass die Einstellung unterbleibt. Der Arbeitnehmer kann mögliche Gehaltsansprüche nach der Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen (BAG, Beschluss v. 28.3.2000, 1 ABR 16/99[1]). Gleiches gilt, wenn der Betriebsrat meint, die einzelvertragliche Vereinbarung der für die Eigenkündigung des Arbeitnehmers geltenden Kündigungsfrist sei tarifvertragswidrig (...

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