Rz. 9

Betriebsvereinbarungen kommen entgegen dem irreführenden Gesetzestext wie sonstige Verträge auch dadurch zustande, dass die Vertragspartner entsprechende Willenserklärungen austauschen. Ein vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichneter Aushang des Arbeitgebers stellt nur dann eine förmliche Betriebsvereinbarung dar, wenn dieser Aushang gleichzeitig Vertragsqualität hat. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn mit dem Aushang lediglich auf eine vermeintlich bereits bestehende Rechtslage hingewiesen wird (LAG Nürnberg, Beschluss v. 21.2.2014, 6 Sa 588/13). Partner des Arbeitgebers bei der Betriebsvereinbarung ist nicht etwa die Betriebsversammlung, sondern der Betriebsrat oder der Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat. Eine Betriebsvereinbarung, die aufseiten des Betriebsrats sowohl vom örtlichen als auch vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen worden ist, verstößt gegen den Grundsatz der Zuständigkeitstrennung (BAG, Urteil v. 19.11.2019, 3 AZR 127/18). Auch unterliegen Betriebsvereinbarungen dem für normative Regelungen geltenden Gebot der Rechtsquellenklarheit (BAG, Urteil v. 30.1.2019, 5 AZR 442/17).

Dies gilt auch dann, wenn die Wahl dieses Gremiums angefochten wurde. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bleibt das Gremium im Amt, wenn die Wahl nicht wegen gravierender Mängel von vornherein nichtig ist. Auch wenn die Wahl später für unwirksam erklärt wird, bleibt die Betriebsvereinbarung wirksam.

 

Rz. 10

 
Hinweis

Eine wirksame Betriebsvereinbarung setzt einen entsprechenden Beschluss des Betriebsrats voraus. Der Betriebsratsvorsitzende vertritt das Gremium nur im Rahmen der gefassten Beschlüsse. Überschreitet er seine Kompetenz, ist die Betriebsvereinbarung nicht wirksam zustandegekommen. Sie kann aber nachträglich genehmigt werden. In Zweifelsfällen ist das Protokoll der Betriebsratssitzung hinzuzuziehen.

Wichtig ist auch, dass die Betriebsparteien die normative Geltung einer von ihnen geschlossenen Betriebsvereinbarung nicht an ein Zustimmungsquorum der Normunterworfenen, also derjenigen Arbeitnehmer binden können, die in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen (BAG, Beschluss v. 8.7.2020, 1 ABR 4/19).

Wenn die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung dem Arbeitgeber ein Leistungsbestimmungsrecht i. S. der Festsetzung eines Faktors zur Berechnung eines Bonus für die Arbeitnehmer einräumen, kann der Betriebsrat im Wege seines Durchführungsanspruchs nicht vom Arbeitgeber verlangen, eine Ausübung der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen. § 315 BGB gestaltet nur das individualrechtliche Schuldverhältnis der Arbeitsvertragsparteien (BAG, Beschluss vom 23. Februar 2021, 1 ABR 12/20).

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