1 Allgemeines
Das Betriebsverfassungsgesetz kennt zwei grundlegend verschiedene Wahlverfahren, das reguläre und das vereinfachte Wahlverfahren. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurde der Anwendungsbereich des vereinfachten Wahlverfahrens ausgeweitet, es gilt nun für Betriebe mit regelmäßig mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern (§ 14a BetrVG). Im Bereich von 101 bis 200 Wahlberechtigten im Betrieb können Arbeitgeber und Wahlvorstand die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren (§ 14a Abs. 5 BetrVG).
In den §§ 7 bis 20 BetrVG ist die Betriebsratswahl geregelt. Die Bestimmungen skizzieren den Verfahrensablauf allerdings nur grob. Wesentliche Konkretisierung erfährt die Betriebsratswahl durch die Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes in der Fassung vom 8.10.2021. Immer wieder zeigt sich auch die Bedeutung der Rechtsprechung mit zuweilen überraschenden Feststellungen zum Wahlverfahren. So zählt das Bundesarbeitsgericht Leiharbeitnehmer nicht nur kraft der Regelung des § 7 Satz 2 BetrVG zu den Wahlberechtigten, sondern sie sind in Abkehr von früherer genau gegenteiliger Rechtsprechung mittlerweile auch wahlberechtigte Arbeitnehmer, vor allem hinsichtlich der Größe des Betriebsrats. Leiharbeitnehmer wählen nicht mehr nur, sie zählen auch. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung nachvollzogen, seit dem 1.4.2017 zählen Leiharbeitnehmer im Betriebsverfassungsgesetz bei allen Schwellenwerten mit Ausnahme des § 112a BetrVG mit (§ 14 Abs. 2 S. 4 AÜG).
Der folgende Abriss gibt einen Überblick über den Ablauf der Betriebsratswahl.
2 Wahlzeitpunkt
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahl ist in § 13 BetrVG festgelegt. Dort wird unterschieden zwischen regelmäßigen und außerordentlichen Betriebsratswahlen. Bei den regelmäßigen (turnusmäßigen) Wahlen ist der Zeitraum, in dem die Stimmabgabe stattzufinden hat, gesetzlich festgelegt, während eine außerordentliche Betriebsratswahl nur (und immer) dann stattfindet, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
2.1 Regelmäßige Betriebsratswahlen
2.1.1 Allgemeines
Alle 4 Jahre finden die regelmäßigen Betriebsratswahlen in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt (§ 13 Abs. 1 BetrVG). Die nächste Wahl findet 2026 (dann 2030, 2034 usw.) statt.
In der gesetzlich vorgeschriebenen Zeitspanne zwischen dem 1. März und dem 31. Mai muss die eigentliche Stimmabgabe stattfinden. Wahlvorbereitungen, insbesondere die Bestimmung des Wahlvorstands und dessen erste Maßnahmen zur Einleitung der Wahl, können bereits vor dem 1. März erfolgen.
Zu welchem Zeitpunkt im konkreten Einzelfall die Wahlen und die vorbereitenden Maßnahmen stattfinden müssen, richtet sich nach dem Ende der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats (s. § 21 BetrVG). Die wesentlichen Rahmendaten sind:
- Spätestens 10 Wochen vor Ende seiner Amtszeit hat der Betriebsrat einen Wahlvorstand zu bestellen. Diesem obliegt die Vorbereitung und Durchführung der Wahl.
- Spätestens 6 Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe erlässt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben.
- Der erste Tag der Stimmabgabe soll spätestens eine Woche vor dem Tag liegen, an dem die Amtszeit des Betriebsrats endet.
Innerhalb dieses Rahmens besteht für den Wahlvorstand einiger Freiraum, um die Wahlen den spezifischen Bedürfnissen des Betriebs anpassen zu können.
2.1.2 Verspätet eingeleitete Betriebsratswahl
Wird die Wahl verspätet eingeleitet, kann der Wahltag auf einen Termin nach dem 31. Mai fallen. Die Wahl ist trotz des Gesetzesverstoßes in aller Regel als wirksam anzusehen. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG kann nämlich außerhalb des genannten Zeitraums ein Betriebsrat gewählt werden, wenn im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht. Dies ist nach dem 31. Mai aber regelmäßig der Fall, da nach § 21 Satz 3 BetrVG mit dem Ablauf dieses Termins die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats spätestens endet. Aus der ursprünglich geplanten regelmäßigen Betriebsratswahl wird so eine zulässige außerordentliche Betriebsratswahl.
2.1.3 Zu früh eingeleitete Betriebsratswahl
Auch eine Betriebsratswahl, die zu einem Wahltermin vor dem 1. März führt, kann als außerordentliche Betriebsratswahl nach § 13 Abs. 2 BetrVG zulässig sein. Indessen ist eine regelmäßige Betriebsratswahl, bei der der Tag der Stimmabgabe vor dem 1. März des regelmäßigen Wahljahres liegt, in aller Regel nichtig. Ein regelwidriges Vorziehen der Wahl dürfte zu einem groben und offensichtlichen Verstoß gegen die wesentlichen Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts führen. Kam eine Variante der außerordentlic...