Rz. 35
Ist die Frage nach Wohnsitz bzw. gewöhnlichem Aufenthalt zugunsten des Anspruchstellers geklärt, kommt als weitere Anspruchsvoraussetzung das Zusammenleben mit dem eigenen Kind in einem Haushalt hinzu. Vorrangig anspruchsberechtigt sind damit die leiblichen Eltern. Wer abweichend hiervon einen Anspruch auf Elterngeld hat, wird in § 1 Abs. 3 abschließend geregelt.
2.2.1 Der Begriff des Kindes im Sinne des BEEG
Rz. 36
Der Begriff des Kindes wird im BEEG nicht unmittelbar definiert. Das Elterngeld soll den Eltern jedenfalls "in der Frühphase der Elternschaft" Unterstützung bieten. Um das eigene Kind handelt es sich für eine Frau, wenn sie es geboren hat (§ 1591 BGB). Für einen Mann handelt es sich nach § 1592 BGB um das eigene Kind, wenn er
- zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
- er die Vaterschaft anerkannt hat oder
- wenn seine Vaterschaft nach § 1600d BGB oder § 182 Abs. 1 FamFG gerichtlich festgestellt ist.
Auch angenommene oder adoptierte Kinder (§ 1754 BGB) sind eigene Kinder.
Rz. 37
Mittelbar definiert § 4 Abs. 1 BEEG den für das BEEG maßgeblichen Begriff des Kindes, indem die Norm festlegt, dass Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden kann. Bei angenommenen Kindern und Kindern im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 kann Elterngeld dagegen nach § 4 Abs. 1 Satz 5 BEEG längstens bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes bezogen werden.
2.2.2 Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft
Rz. 38
Der Gesetzgeber macht nicht nur die Betreuung und Erziehung des Kindes durch den Berechtigten zur Voraussetzung, sondern verengt den anspruchsberechtigten Personenkreis, indem er das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft mit dem Kind fordert. Der Begriff des Haushalts wird im BEEG nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Haushalt eine durch familienhaftes Zusammenleben geprägte Gemeinschaft. Verlangt wird eine häusliche, wohnungsmäßige und familienhafte Lebens- und Wirtschaftsführung im Rahmen einer auf eine gewisse Dauer angelegten Hausgemeinschaft. Zwar müssen die Kosten der Haushaltsführung nicht selbst erwirtschaftet werden, zu fordern ist hingegen eine eigenständige und eigenverantwortliche Wirtschaftsführung. Zusammenfassend ist Haushalt eine Familiengemeinschaft, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Fürsorge und Zuwendung) darstellt, wobei sich diese 3 Merkmale überschneiden können, keines davon jedoch gänzlich fehlen darf. Einer polizeilichen Meldung kommt dabei nicht mehr als eine Indizwirkung zu.
Rz. 39
Die Haushaltsgemeinschaft muss nicht exklusiv zwischen Berechtigtem und Kind bestehen. Das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft mit weiteren Personen ist unschädlich. Demzufolge steht der Annahme einer häuslichen Gemeinschaft nicht entgegen, dass der Anspruchsberechtigte keinen eigenen Haushalt hat oder dass Wohnsitz und Haushalt, in dem das Kind betreut wird, nicht identisch sind. So kann die Haushaltsgemeinschaft zwischen Elternteil und Kind auch in einer Einrichtung für Mutter und Kind oder in einem Frauenhaus bestehen. Wird das gemeinsame Zusammenleben unterbrochen, stellt dies das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft nicht infrage, sofern die Unterbrechung nur vorübergehender Natur ist; ausschlaggebend ist insoweit, ob trotz vorübergehender Unterbrechung ein "ortsbezogener Mittelpunkt gemeinschaftlicher Lebensinteressen" verbleibt oder "in absehbarer Zeit" wieder hergestellt wird.
Keine Unterbrechung der Hausgemeinschaft durch Dienstreisen
M und F möchten für ihr Kind K zu gleichen Teilen Elterngeld in Anspruch nehmen. M, der sich vom 7. bis 14. Lebensmonat des K um dessen Betreuung und Erziehung kümmern möchte, reduziert seine Erwerbstätigkeit auf einen Umfang von weniger als 30 Wochenstunden. Durch seine berufliche Tätigkeit veranlasst, muss M sich einmal wöchentlich für 2 Tage auf Dienstreise begeben und kehrt an diesen Tagen nicht nach Hause zurück. Hat er dennoch einen Anspruch auf Elterngeld?
Lösung
Besonderes Augenmerk ist hier auf die Frage nach dem Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zu richten. Durch die Dienstreisen des M wird die Haushaltsgemeinschaft zwischen ihm und K kontinuierlich unterbrochen. Gleichwohl wird man bei der Kürze der Unterbrechung von einem Fortbestehen eines ortsbezogenen Lebensmittelpunkts und damit von einer nur vorübergehenden Unterbrechung der Haushaltsgemeinschaft ausgehen können. Eine nur vorübergehende Unterbrechung ist z. B. auch bei Urlauben und Krankenhausaufenthalten anzunehmen. M hat demzufolge einen Anspruch auf Elterngeld.
Rz. 40
Da es in einer Justizvollzugsanstalt an einem familienhaften Zusammenleben der dort lebenden und arbeitenden Menschen (Insassen, Wachpersonal) fehlt, hat das BSG den Elterngeldanspruch einer Klägerin verneint, die im g...