Rz. 5
Das MuSchG steht im Kontext weiterer, grundsätzlich für das Arbeitsverhältnis geltenden Schutzvorschriften. Bei der Beurteilung der Unzulässigkeit von bestimmten Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sind daher gegebenenfalls auch mutterschutzrechtliche Regelungen in weiteren arbeitsschutzrechtlichen Regelwerken zu berücksichtigen. So enthalten bspw. die Strahlenschutz- oder Röntgenverordnung besondere Vorschriften zum Schutz der schwangeren und stillenden Frauen.
Diese Regelungen sind als Konkretisierungen des mutterschutzrechtlich abgesteckten Regelungsrahmens zu verstehen. Sie werden nicht nochmals im MuSchG geregelt, weil ihre Anwendbarkeit durch das MuSchG nicht berührt wird. In der BioStoffV und der GefStoffV finden sich hingegen keine separaten Schwangerschaftsvorschriften und damit derartigen Konkretisierungen zum Mutterschutz.
Gleichwohl gelten auch die dort aufgestellten allgemeinen (für Frauen wie Männer) Schutzvorschriften und Grenzwerte.
Rz. 6
Zusätzlich zu beachten sind insbesondere die besonderen Schutzvorschriften nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen unter 18 Jahren. Die Regelungen zu den unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sind an die im Arbeitsschutz gebräuchlichen Begrifflichkeiten angepasst.
Entsprechend der Terminologie in den jeweiligen arbeitsschutzrechtlichen Rechtsverordnungen wird für die Exposition grundsätzlich der Begriff des Ausgesetztseins benutzt. Bei Biostoffen wird hierfür der Begriff des Inkontaktkommens verwendet. Damit ist vorrangig in den Gefährdungsbeurteilungen zu prüfen, ob die Schwangere mit solchen Stoffen in Kontakt kommen kann – beabsichtigt (als Teil der geschuldeten Arbeitsleistung) oder auch unbeabsichtigt (im Rahmen etwaiger Störungen oder indirekter Kontakte). Stets sind bei der Gefährdungsbeurteilung auch Arbeitsbedingungen und Schadfaktoren zu berücksichtigen, denen die Frau nur möglicherweise ausgesetzt ist. Dies gilt vorrangig bei sog. Verdachtsstoffen, also Stoffen, die im Verdacht stehen, Gesundheitsbeeinträchtigungen auszulösen.
Rz. 7
Sofern keine arbeitsplatzbezogenen Vorgaben vorliegen, sind im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen die Vorgaben der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 400) zu beachten. Wer Gefahrstoffe vorhält, transportiert oder verarbeitet muss sich an die "Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)" halten. Sie geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Grundlage ist eine Beurteilung der mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen (durch Einatmen), dermalen (durch Hautkontakt) und physikalisch-chemischen Gefährdungen (Brand- und Explosionsgefahren) und sonstigen durch Gefahrstoffe bedingten Gefährdungen. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen wurde und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Die TRGS werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Die TRGS konkretisieren im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der GefStoffV. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind.
Die Bundesfachstelle für Sicherheit und Gesundheit bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz (BAUA) veröffentlicht eine Liste der aktuell geltenden Technischen Regeln (TRGS 400 ff) und ebenfalls Technische Regeln für Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen (TRGS 500). Die Technischen Regeln der TRGS 900 ff. geben Grenzwerte und Einstufungen vor.
Die Beachtung der Technischen Regeln ist unabdingbar, denn über § 4 Ziff. 3 ArbSchGhat der Arbeitgeber den Stand der Technik und Arbeitsmedizin sowie gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dieser Maßstab ist bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung anzulegen.
Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
Rz. 8
Bei der Auslegung der im MuSchG verwendeten Begriffe sind die spezifischen Begriffsbestimmungen des Arbeitsschutzrechts ergänzend zu berücksichtigen, wie etwa die für Gefahrstoffe (§ 2 Abs. 1 GefStoffV) oder Biostoffe (§ 2 Abs. 1 BioStoffV). Zudem ist zu berücksichtigen, dass für den Begriff der Tätigkeit im Arbeitsschutzrecht bereichsbezogene Besonderheiten bestehen (vgl. etwa § 2 Abs. 5 GefStoffV; § 2 Abs. 7 und 8 BioStoffV). Niemand darf eine Anlage in Betrieb nehmen, Arbeitsplätze einrichten und unterhalten und gefährliche Stoffe verarbeiten, ohne die Vorschriften des Arbeitsschutzes und der Arbe...