Rz. 37
Die Verpflichtung zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung trifft den Arbeitgeber. Die gesetzliche Pflicht ist an die Eigenschaft des Arbeitgebers geknüpft und unterliegt damit der Möglichkeit der Übertragung der Arbeitgeberpflichten. Betriebliche Führungskräfte können zur Übernahme von Arbeitgeberpflichten veranlasst werden, die sie im Rahmen der Zuständigkeit in ihrer organisatorischen Einheit auszuüben haben.
Damit trifft die betriebliche Führungsebene die Verpflichtung aus der Arbeitgeberpflicht wie eine eigene. Den so Verpflichteten trifft nicht nur die Pflicht zur Einhaltung der Unfallverhütungs- und Umweltschutzvorschriften, sie übernehmen auch die sog. Betreiberpflichten, etwa beim Betrieb einer technischen Anlage. Damit sind die Einhaltung der vorgeschriebenen Prüfungstermine für Geräte, der bestimmungsgemäße Gebrauch von Betriebsmitteln und arbeitsmedizinische Maßnahmen verbunden. Auch die Dokumentationspflicht ist auf die betriebliche Ebene übertragbar.
Hierfür wird die betriebliche Führungskraft formal – schriftlich und ausdrücklich unter Verweis auf die einschlägigen Bußgeldvorschriften – verpflichtet und die Arbeitgeberpflicht für den konkreten Zuständigkeitsbereich einer Organisation übertragen.
Verpflichtung in der Personalakte dokumentieren
Die Übertragung der Arbeitgeberpflichten ist für die Einhaltung der Schutzvorschriften (Unfallverhütung und Umwelt) ein wichtiger formaler Prozess. Bei mangelhafter Übertragung liegt ein Organisationsverschulden des Arbeitgebers vor. Die Verpflichtungshandlung ist in der Personalakte zu dokumentieren. Ohne eine ordnungsgemäße Verpflichtung der betrieblichen Führungskraft bleibt die Verpflichtung beim Arbeitgeber. Bei Verstößen trifft den ordnungsgemäß Verpflichteten das Bußgeld direkt. Bei mangelhafter Verpflichtung trifft den Arbeitgeber die Sanktion.
Rz. 38
Der Unternehmer hat vor der Beauftragung zu prüfen, ob die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen zuverlässig und fachkundig sind. Zuverlässig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen, wenn zu erwarten ist, dass diese die Aufgaben des Arbeitsschutzes mit der gebotenen Sorgfalt ausführen. Fachkundig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen, die das einschlägige Fachwissen und die praktische Erfahrung aufweisen, um die ihnen obliegenden Aufgaben sachgerecht auszuführen. Entsprechende Schulungen sind durchzuführen und zu dokumentieren.
Der Unternehmer wird durch die Pflichtenübertragung nicht von allen Pflichten befreit. Er bleibt verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle und hat dafür zu sorgen, dass die übertragenen unternehmerischen Pflichten auch tatsächlich umgesetzt werden. Der Unternehmer hat zumindest stichprobenartig zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden und die erforderliche Gefährdungsbeurteilung und ihre Dokumentation durchgeführt werden. Die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers ist jedoch nicht übertragbar.
Rz. 39
In Betrieben wird der Arbeitsschutz durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) und den Betriebsarzt (BA) umgesetzt, in größeren Betrieben durch eigenes Personal und organisatorische Einheiten. Diese sind der Geschäftsleitung als Stabsstellen zugeordnet und in ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Sie beraten das Unternehmen hinsichtlich der Arbeitssicherheit, äußern Empfehlungen, führen Begehungen durch usw. Da vom Grundsatz her jedoch keine Weisungsbefugnis besteht, greifen die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsarzt nur bei Gefahr im Verzug ein. Die Berufsgenossenschaften stehen im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages für die Durchführung von Schulungen und Beratungsumfänge zur Verfügung. In regelmäßigen Abständen (mindestens 4mal im Jahr) trifft sich der Arbeitsschutzausschuss (ASA). Hier werden alle Themen des Arbeitsschutzes besprochen, Ziele gesetzt, Meilensteine überprüft, Anregungen und Kritik geübt. Der ASA besteht aus Vertretern der Geschäftsführung, Führungskräften, der Sifa (welche i. d. R. auch die Moderation übernimmt), dem Betriebsarzt, Mitgliedern des Betriebsrats, den Sicherheitsbeauftragten und ggf. von Maßnahmen betroffenen Mitarbeitern. Die Sitzungen werden protokolliert, sodass auch diese Dokumente ergänzend zur Erfüllung der Dokumentationspflicht herangezogen werden können.
Jeder Arbeitgeber – ab dem ersten Mitarbeiter – ist verpflichtet, sich um den Mutterschutz zu kümmern und Sorge dafür zu tragen, dass die Vorschriften eingehalten werden. Für Kleinunternehmen besteht die Möglichkeit, im sog. Arbeitgebermodell selbst die Aufgaben zu übernehmen – nach vorheriger Schulung des Unternehmers durch die Berufsgenossenschaften. Es können aber auch externe Honorarkräfte verpflichtet werden. Großunternehmen haben i. d. R. eigene Abteilungen mit vollzeitig tätigen Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.