Rz. 10

Für eine Heimarbeiterin ist es i. d. R. organisatorisch einfach möglich, die Arbeit zu unterbrechen, um ihr Kind zu stillen. Die Gewährung von Stillpausen ist insofern nicht erforderlich. Die Heimarbeiterin soll aber auch wirtschaftlich in die Lage versetzt werden, die für das Stillen erforderliche Zeit in Anspruch nehmen zu können.[1] § 23 Abs. 2 Satz 1 bietet deshalb Entgeltschutz für Stillzeiten. Bei Heimarbeiterinnen, die typischerweise keine festen Arbeitszeiten haben und nicht zum Stillen freigestellt werden, ist eine Pauschale sinnvoller als ein Ausgleich für die konkrete, während der Arbeitszeit zum Stillen benötigte Zeit. Für Zeiten, die zur Wahrnehmung der Untersuchungen nach § 7 Abs. 1 MuSchG erforderlich sind, erhalten Heimarbeiterinnen hingegen keinen Ausgleich. Die Regelung ist nicht auf Arbeitnehmerinnen mit Vertrauensarbeitszeit oder sonstiger freier Zeiteinteilung zu übertragen.

 

Rz. 11

Bezüglich der Höhe des Entgelts ist die gesetzliche Regelung sprachlich missglückt. § 23 Abs. 2 Satz 1 ist nur verständlich, wenn man berücksichtigt, dass ausweislich der Gesetzesbegründung der Regelungsgehalt des früheren § 7 Abs. 4 MuSchG a. F. übernommen werden sollte.[2] Gemeint ist demnach, dass der Auftraggeber oder Zwischenmeister einer stillenden Frau, die in Heimarbeit beschäftigt wird oder einer Heimarbeiterin gleichgestellt ist, für jeden Werktag ein zusätzliches Entgelt in Höhe eines durchschnittlichen Stundenentgelts zu zahlen hat. Dies gilt auch, wenn eine Stücklohnvereinbarung getroffen wurde.[3] Die Höhe der Pauschale entspricht damit der Vergütung für die Zeit, die § 7 Abs. 2 Satz 1 MuSchG als Stillzeit für Arbeitnehmerinnen vorsieht. Da der Anspruch das Pendant zum Anspruch der Arbeitnehmerinnen auf Entgeltfortzahlung ist, ist er analog § 7 Abs. 2 MuSchG auf die ersten 12 Monate nach der Entbindung beschränkt. Die oberste Arbeitsbehörde des Landes hat die Entgelte zu überwachen und die Möglichkeit, etwaige Nachzahlungsansprüche für die Heimarbeiterin geltend zu machen (§§ 23 ff. HAG).

 

Rz. 12

Das Gesetz differenziert nicht nach dem Umfang der anfallenden Arbeitszeit; der Anspruch auf Entgeltausgleich entsteht auch bei einer geringfügigen Heimarbeit in voller Höhe. Ist die Heimarbeiterin allerdings für mehrere Auftraggeber oder Zwischenmeister tätig, erhält sie die Pauschale nur einmal. Alle Auftraggeber bzw. Zwischenmeister müssen denselben Anteil zahlen, unabhängig davon, ob der Verdienst im Übrigen unterschiedlich hoch ist, § 23 Abs. 2 Satz 2.

[1] Zu Arbeitsumfang und Fertigungsfristen § 8, MuSchG, Rz. 2.
[2] BR-Drucks. 230/16 S. 108.
[3] BeckOK ArbR/Dahm, § 23 MuSchG, Rz. 9; HK-MuSchG/BEEG/Pepping, § 23 MuSchG, Rz. 11.

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