1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Frau ist für die Untersuchungen gem. § 7 Abs. 1 MuSchG und zum Stillen nicht nur tatsächlich von der Arbeitsleistung freizustellen.[1] Sie soll diese Möglichkeit auch ohne wirtschaftliche Nachteile wahrnehmen können und erhält deshalb gemäß § 23 für die Zeit der Freistellung einen Verdienstausgleich.

 

Rz. 2

Den Anspruch auf Verdienstausgleich haben nur Arbeitnehmerinnen und andere Frauen i. S. d. § 1 Abs. 2 MuSchG, die in einer Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV stehen. Er steht also auch sozialversicherungspflichtig beschäftigten Fremdgeschäftsführerinnen[2] zu. Arbeitnehmerähnliche Personen haben hingegen – über die ausdrückliche Regelung zu §§ 18 ff. MuSchG hinaus – keinen Anspruch auf die finanziellen Mutterschaftsleistungen.[3] Heimarbeiterinnen erhalten für Stillzeiten gem. § 23 Abs. 2 einen wirtschaftlichen Ausgleich in anderer Form.[4]

 

Rz. 3

Der Vergütungsanspruch ist zwingend; auf ihn kann auch nachträglich nicht verzichtet werden.[5] Die Vergütung wird nicht nach dem AAG erstattet, sondern ist vom Arbeitgeber zu finanzieren.

[4] Dazu unten Rz. 10 ff.
[5] Brose/Weth/Volk/Herrmann, MuSchG/BEEG, § 23 MuSchG, Rz. 17; Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, § 23 MuSchG, Rz. 6.

2 Keine Nacharbeit

 

Rz. 4

Die Arbeitnehmerin ist nicht verpflichtet, zusätzliche Arbeitsleistungen zu erbringen, um die Zeit auszugleichen, die durch die Freistellung ausgefallen ist. Die Zeit der Freistellung ist auf die Arbeitszeit anzurechnen und wird wie Arbeitszeit behandelt. Insbesondere zählt sie als Arbeitszeit i. S. d. § 3 ArbZG (Höchstarbeitszeit durchschnittlich 8 Stunden täglich, maximal 10 Stunden täglich).

 

Rz. 5

Während der Zeit der Freistellung gem. § 7 MuSchG kann nicht zugleich eine gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause gewährt werden. Dies gilt insbesondere für die Ruhepausen nach § 4 ArbZG, § 11 JArbSchG oder nach den Unfallverhütungsvorschriften. Die Freistellung ist vielmehr zusätzlich zur vorgeschriebenen Ruhepause einzuräumen.[1] Sie kann allerdings auf sonstige – nicht vorgeschriebene – Pausenzeiten angerechnet werden.[2] Die Ruhezeit nach § 5 ArbZG wird nicht dadurch unterbrochen, dass die Frau stillt oder eine Untersuchung gem. § 7 Abs. 1 MuSchG wahrnimmt.

[2] Kritisch jurisPK-Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Göhle-Sander, Kapitel 5.14, § 7 MuSchG, Rz. 24.

3 Höhe der fortzuzahlenden Vergütung

 

Rz. 6

Die Zeit der Freistellung ist wie Arbeitszeit zu vergüten. Dazu ist festzustellen, wie viel die Arbeitnehmerin verdient hätte, wenn sie nicht gem. § 7 MuSchG von der Arbeitsleistung freigestellt worden wäre. Anders als bei der Berechnung des Mutterschutzlohns ist nicht auf einen Referenzzeitraum abzustellen, sondern gilt das Entgeltausfallprinzip. Die Vergütung entspricht dem Produkt aus der Anzahl der ausgefallenen Stunden und der Vergütung, die auf diese Stunden entfallen wäre. Zu den Einzelheiten der Berechnung kann auf die parallele Regelung in § 2 EFZG (Feiertagsvergütung) verwiesen werden.

 

Rz. 7

Es ist nicht nur die zeitabhängige Grundvergütung auszuzahlen. Auch leistungsabhängige Vergütungsbestandteile fallen an, z. B. Provision, Akkordvergütung oder Leistungsprämie. Lässt sich nicht feststellen, wie hoch diese Vergütung gewesen wäre, wenn die Arbeitnehmerin durchgängig gearbeitet hätte, kann auf Anhaltspunkte aus der Vergangenheit oder – insbesondere bei Schwankungen im Tagesverlauf – auf die Leistungen der Kollegen zurückgegriffen werden. Erschwerniszulagen wie Nachtzuschläge, Gefahrenzulagen und Leistungszulagen gehören zu den Gegenleistungen für die Tätigkeit der Arbeitnehmerin und sind ebenfalls fortzuzahlen.

 

Rz. 8

Durch die Freistellung darf die Arbeitnehmerin weder schlechter noch besser behandelt werden als bei Ausübung ihrer Tätigkeit. Daher erhält sie für den Freistellungszeitraum nur einen verminderten Verdienst, wenn ihr Entgelt bei Leistung der Arbeit ebenfalls gemindert worden wäre. Dies ist etwa in Fällen der Kurzarbeit gegeben. Umgekehrt ist Mehrarbeitsvergütung zu zahlen, wenn ohne die Freistellung Mehrarbeit angefallen wäre (anders die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, § 4 Abs. 1a EFZG).

 

Rz. 9

Übliche Aufwendungen, die aufgrund der Freistellung nicht anfallen, sind hingegen nicht zu erstatten. Entsprechendes gilt für Sachbezüge, die die Arbeitnehmerin wegen der Freistellung nicht in Anspruch nehmen kann (z. B. subventioniertes Kantinenessen). Trinkgelder, die Kunden der Arbeitnehmerin üblicherweise gewähren, sind für den Freistellungszeitraum nicht auszugleichen, da es sich nicht um Leistungen des Arbeitgebers handelt. Auch die für die Untersuchung anfallenden Fahrtkosten muss der Arbeitgeber nicht ausgleichen; aufgewendete arbeitsfreie Zeit ist nicht abzugelten. Stillt die Arbeitnehmerin während der Rufbereitschaft bzw. während des Bereitschaftsdienstes, ohne dass sie zur Arbeit aufgefordert wird, so erhält sie nur die für die Bereitschaftszeit anfallende Vergütung.

4 Regelung für Heimarbeiterinnen

 

Rz. 10

Für eine Heimarbeiterin ist es i. d. R. org...

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