Rz. 12
Ist die Arbeitnehmerin durch ihren Arbeitsvertrag zur Ableistung von Mehrarbeit verpflichtet, kann das Beschäftigungsverbot des § 4 dazu führen, dass der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin zumindest zeitweise nicht mit Tätigkeiten auf einem Arbeitsplatz beschäftigen kann, zu deren Leistung sie nach ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet wäre. In diesem Fall steht der Arbeitnehmerin, die nicht auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz oder nicht während der vereinbarten Zeit oder Dauer beschäftigt wird, in diesem Umfang Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG in Höhe ihres Durchschnittsverdienstes zu. Hat die schwangere oder stillende Frau in den letzten drei Kalendermonaten vor dem Eingreifen des Mehrarbeitsverbots Mehrarbeit geleistet, ist der Arbeitgeber nach § 18 MuSchG verpflichtet, ihr das auf die Mehrarbeitsstunden durchschnittlich entfallende Entgelt für die Dauer des Mehrarbeitsverbots als Mutterschaftslohn zu zahlen.
Rz. 13
Zwar steht dem Arbeitgeber als Folge der Verbote der §§ 5 und 6 MuSchG zur Schaffung eines angemessenen Ausgleichs zwischen den Interessen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber grundsätzlich ein besonderes mutterschutzrechtliches Umsetzungsrecht zu, wenn die geschützte Arbeitnehmerin aufgrund gesetzlicher Schutzbestimmungen während der Schwangerschaft wegen eines Beschäftigungsverbots gehindert ist, die vertragliche Arbeitsleistung ganz oder zu einem großen Teil zu verrichten.
Als Folge des Verbots der Mehrarbeit und der Pflicht zur Einhaltung der Ruhezeit besteht hierfür aber kein Bedürfnis. Anders als bei Tätigkeiten, die dauernd während der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen zu erbringen sind, kann ein für schwangere oder stillende Frauen geltendes Mehrarbeitsverbot niemals zur faktischen Undurchführbarkeit des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses führen. Da die schwangere oder stillende Frau auf dem bisherigen Arbeitsplatz verbleiben kann und nur ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erbringen muss, stellt sich auch die Frage nach einer Umsetzung auf einen Ersatzarbeitsplatz nicht.
Rz. 14
Beschäftigt der Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau trotz eines Beschäftigungsverbots nach § 4, so bleibt ihr Vergütungsanspruch erhalten. Ihr steht aber ein Leistungsverweigerungsrecht zu, das sie nach vorheriger Ankündigung jederzeit ausüben kann, ohne ihren Vergütungsanspruch zu verlieren. Der Arbeitgeber darf hierauf auch nicht mit einer Abmahnung oder gar Kündigung reagieren.
Bietet eine Arbeitnehmerin entgegen dem Verbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 eine Arbeitsleistung an, die wegen der Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit dem Beschäftigungsverbot unterfällt, gerät der Arbeitgeber bei Nichtannahme nicht in Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB, da die Arbeitnehmerin außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen das Beschäftigungsverbot nach § 4 Abs. 1 ist nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis 30.000 EUR geahndet werden kann. Entsprechendes gilt für die fehlende oder nicht richtige oder nicht rechtzeitige Gewährung einer Ruhezeit nach § 4 Abs. 2, ein schuldhafter Verstoß wird durch § 32 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG sanktioniert.
Wird die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen und führt sie zu einer Gefährdung der Gesundheit der Frau oder ihres Kindes, so stellt dies eine Straftat dar, die nach § 33 MuSchG zu einer Verurteilung zu Geld- oder Freiheitsstrafe führen kann.