Die objektiven Anforderungen an die Verdachtskündigung sind streng. Es müssen damit neben den sonstigen Voraussetzungen der verhaltensbedingten Kündigung folgende besonderen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein:
- Objektiver und dringender Tatverdacht,
- Erheblichkeit der Verdachtstat/Geeignetheit für die Vertrauensstörung,
- Ausschöpfung aller zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen und vorherige Anhörung des Arbeitnehmers,
- Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
1.1 Objektiver Verdacht
Auch wenn der Verdacht einer Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Rechtschaffenheit des Arbeitnehmers zerstören oder auf andere Weise eine unerträgliche Belastung des Arbeitsverhältnisses darstellen kann, müssen an eine Verdachtskündigung strenge Anforderungen gestellt werden, da bei einer solchen Kündigung niemals ganz die Gefahr zu vermeiden ist, dass sie einen Unschuldigen trifft. Dazu gehört, dass der Verdacht objektiv durch bestimmte Tatsachen begründet ist. Allein das Bestehen von Gerüchten oder Vermutungen reicht nicht aus. Die den Verdacht begründenden Tatsachen müssen objektiv zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegen. Auf die subjektive Wertung des Arbeitgebers kommt es nicht an. Es ist daher zu überprüfen, ob ein verständiger und gerecht abwägender Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen würde.
1.2 Erheblichkeit der Verdachtstat
An die Verdachtskündigung sind strenge Anforderungen zu stellen, um soweit wie möglich die Gefahr zu vermeiden, dass sie einen Unschuldigen trifft. Hieraus folgt weiter, dass nicht nur der Grad des Verdachts, sondern auch das Fehlverhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtigt wird, schwerwiegend sein muss.
Der Verdacht muss auf ein Verhalten des Arbeitnehmers gerichtet sein, das als Grund für eine ordentliche oder sogar außerordentliche Kündigung ausreicht, wenn der Verdächtige sich dessen tatsächlich schuldig gemacht hätte. Es muss sich nicht um den Verdacht einer Straftat handeln. Auch der dringende Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten kann ein Grund für die Kündigung sein. Handelt es sich um außerdienstliches Verhalten, wobei hier in erster Linie strafrechtlich relevantes Handeln eine Rolle spielt, kommt es darauf an, ob das Verhalten einen ausreichenden Bezug zum Arbeitsverhältnis und zu dessen Vertrauensgrundlage hat.
Dabei lassen sich sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer keine festen Regeln aufstellen. Es kommt auch hier auf die Umstände des einzelnen Falls an.
Beispiele für ausreichende Verdachtstatbestände:
Betrug, Spesenabrechnungen, Veruntreuungen, Diebstahl, illegale verfassungsfeindliche Tätigkeit, Versicherungsbetrug eines Arbeitnehmers einer Versicherung gegenüber einer anderen Versicherung, Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Veränderungen an der Stempelkarte, Erschleichen der Entgeltfortzahlung, sexuelle Belästigung von Arbeitskolleginnen, Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, Manipulation von Urlaubsanträgen, sexueller Missbrauch von psychisch kranken Personen.
1.3 Dringender Tatverdacht
Der Verdacht einer Straftat oder Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers muss bei einer Verdachtskündigung dringend sein. Bei kritischer Prüfung durch einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber muss sich ergeben, dass eine auf Beweisanzeichen (Indizien) gestützte große Wahrscheinlichkeit für die Tat gerade dieses Arbeitnehmers besteht. Hierbei ist einerseits von Bedeutung, ob der verdächtigte Arbeitnehmer durch schuldhaftes Verhalten erhebliche Gründe für den Verdacht gegeben und sich nicht um die Aufklärung der ihm zur Last gelegten Tat bemüht hat.
Andererseits ist eine Verdachtskündigung als Reaktion auf die Störung des für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendigen Vertrauens dann unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber vor Kündigungsausspruc...