Vorläufige Nichtbesteuerung bei einem Start-up
Ein Arbeitnehmer erhält im Jahr 01 von seinem Arbeitgeber (= Start-up-Unternehmen) zusätzlich zu seinem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Belegschaftsaktien im Wert von 100.000 EUR. Als Gegenleistung leistet er 20.000 EUR an seinen Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist danach zu weniger als 1 % am Unternehmen des Arbeitgebers beteiligt. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wird der geldwerte Vorteil mit Zustimmung des Arbeitnehmers vorläufig nicht besteuert. Im Jahr 08 veräußert er sämtliche Belegschaftsaktien für 300.000 EUR.
Abwandlung: Der Arbeitnehmer behält die Belegschaftsaktien langfristig. Im Jahr 16 beträgt der gemeine Wert nur noch 50.000 EUR.
Ergebnis:
Der geldwerte Vorteil aus der Übertragung von Belegschaftsaktien bleibt auf Antrag des Arbeitnehmers im Jahr der Übertragung (01) vorläufig unbesteuert. Die Besteuerung wird erst im Jahr der tatsächlichen Veräußerung der Belegschaftsaktien (08) nachgeholt. Der vorläufig nicht besteuerte geldwerte Vorteil berechnet sich wie folgt:
Gemeiner Wert der erhaltenen Belegschaftsaktien |
100.000 EUR |
Abzgl. geleisteter Zuzahlung |
- 20.000 EUR |
Abzgl. Freibetrag |
- 2.000 EUR |
Geldwerter Vorteil |
78.000 EUR |
Der vorläufig nicht besteuerte geldwerte Vorteil i. H. v. 78.000 EUR unterliegt im Jahr der Veräußerung der Belegschaftsaktien (08) der Besteuerung. Daneben erzielt der Arbeitnehmer aus der Veräußerung der Aktien steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der Veräußerungsgewinn beträgt 200.000 EUR (Veräußerungserlös i. H. v. 300.000 EUR abzgl. gemeiner Wert im Zeitpunkt der Zuteilung i. H. v. 100.000 EUR).
Ergebnis Abwandlung: Der vorläufig nicht besteuerte geldwerte Vorteil unterliegt spätestens nach 15 Jahren der Besteuerung. Da der gemeine Wert der Belegschaftsaktien im Zeitpunkt der Nachversteuerung (= 50.000 EUR) abzgl. der tatsächlich geleisteten Zuzahlung (= 20.000 EUR) geringer ist als der im Jahr 01 nicht besteuerte Gewinn (= 78.000 EUR), unterliegt nur der Differenzbetrag zwischen dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Besteuerung und der tatsächlich geleisteten Zuzahlung (= 30.000 EUR) der Besteuerung.
Der versteuerte Betrag i. H. v. 30.000 EUR und die tatsächlich geleistete Zuzahlung i. H. v. 20.000 EUR stellen zugleich die maßgeblichen Anschaffungskosten (= 50.000 EUR) für Zwecke des § 20 EStG dar.
In beiden Varianten unterliegt der steuerpflichtige Betrag im Jahr der tatsächlichen Besteuerung der sog. Fünftelregelung, da zwischen der Übertragung und der tatsächlichen Besteuerung des geldwerten Vorteils mehr als 3 Jahre liegen.